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Vor Ort: GlenAllachie Onlinetasting

GlenAllachie Single Malt

Diesen Sonntag stelle ich Euch nicht nur einen Whisky vor, sondern gleich sieben verschiedene. Am Freitag war ich nämlich zu einem GlenAllachie Onlinetasting eingeladen, welches nicht nur einen tollen Einblick in die Produktion ermöglichte, sondern auch sieben Blindsamples bot. Heute möchte ich einen kleinen Überflug über die verschiedenen Whiskys geben!

Das Tal der Steine

Die Brennerei GlenAllachie hat wirklich eine Steile Karriere hinter sich. Ehemals eher eine Workhorse Distillery für große Konzerne (zuletzt Pernod Ricard) wurde sie in den vergangenen drei Jahren zu einem der Shooting Stars in der Whiskyszene. Neben einer Core Range, die von 10 Jahre bis 25 Jahre alles abdeckt, gibt es auch diverse Einzelfassabfüllungen, vor allem für den deutschen Markt. Am vergangenen Freitag war ich, gemeinsam mit einer großen Schar an Bloggern, Vloggern, Instagram-Whisky-Modells und Co. zu einem Onlinetasting eingeladen. Vielen Dank an Kirsch Whisky, den deutschen Importeur der Brennerei, an dieser Stelle (ganz besonders an Maik für die Organisation). Weiterer Danke geht an Basti (Whisky Germany), denn er hat alles ins Rollen gebracht. So, jetzt aber zum Inhalt des Abends!

Im Vorfeld kamen bei mir sieben Samples an, welche allerdings nur die Ziffern 1-7 auf dem Etikett trugen. Es war also klar: Das wird ein Blindflug! Zum Start des Tastings waren nicht nur Maik und Michel Reick von Kirsch in unserem plauschigen Zoom-Call, sondern auch noch Richard Beattie, seines Zeichens Operations Director / Distillery Manager, und Juliette Buchan, Sales Managerin von The GlenAllachie. Nach einem kurzen Video, welches einen kleinen Überflug über die Brennerei zeigte, ging es direkt los mit dem ersten Sample. Wie Richard feststellte: Es gibt nichts schlimmeres als vor Whisky zu sitzen und nicht trinken zu dürfen. Das erste Sample bot Aromen von Vanille, Butterscotch, Orangenzeste und relativ viel Süße. Richard ergänzte dazu, dass diese Töne sehr nahe am Rohdestillat seien. Der Geschmack war dann erstaunlich kräftig und geschmacksstark mit vielen Gewürzen und Zimt. Zur Auflösung wurde uns eine Flasche des 9 Jahre Rye Finish (48%) präsentiert. Die Finishingzeit bei GlenAllachie sind übrigens fast immer 18 Monate (natürlich mit ein wenig Spielraum). Ein gelungener Einstieg, mein Gaumen war bereit für mehr!

Erst einmal wurde aber über die Brennerei gesprochen, die Rohstoffe, die Produktion. Sehr spannend fand ich, dass The GlenAllachie maximal 4,2 Millionen Liter Alkohol produzieren könnte, aktuell aber lediglich knapp 1 Million produziert. Statt Masse setzt man auf eine langsame Produktion mit einer Fermentationszeit von 160 Stunden oder mehr und einer bis zu 7 1/2 Stunden langen zweiten Destillation. So erhält der Spirit mehr Aromen durch zusätzliche Fermentation und mehr Refluxmöglichkeiten während der Destillation. Ein kleines Highlight für meine Kolleginnen war die Ansage, dass aktuell ca. 20% "very peaty" Whisky produziert wird. Man darf also gespannt sein, was da in Zukunft kommt. Der PPM Gehalt wurde, mit der Einschränkung, dass diese Angabe wenig Aussagekraft habe, auf 80 festgelegt. Es wird also heftig zur Sache gehen, so viel ist sicher. Mit der eigentlichen Produktion möchte ich Euch nicht zu sehr langweilen, daher hier noch zwei Funfacts: 1. GlenAllachie verfügt über zwei Spirit Safes. Theoretisch wäre es somit möglich zwei getrennte Destillationen zu fahren und beispielsweise peated und unpeated Spirit zu produzieren. Diese Möglichkeit wird aber aktuell nicht verwendet. Wer sich sorgen macht, ob GlenAllachie der Stoff ausgeht: Michel versicherte uns, dass der 15er durchgehend verfügbar sein wird und Richard teilte mit, dass ca. 30.000-35.000 Fässer Whisky alleine auf dem Gelände lagern. Verkostet werden übrigens ca. 300-400 Fässer. Pro Woche! Nach einer Stunde voller ausführlicher Informationen verließen uns Richard und Juliette in den verdienten Feierabend und Michel startete in das Tasting mit den Samples 2-7.

Die Nummer 2 war für mich in der Nase kühlend, leicht minzig und frisch. Bot aber auch starke Aromen von Kirsche, Rosine und etwas Anis. Im Geschmack zeigte sich eine tolle Sherryfassreifung mit vielen Trockenfrüchten, Würze, Orangenmarmelade und Trockenheit zum Abgang hin. Aufgelöst wurde hier: Die Core Range Abfüllung mit 15 Jahren Altersangabe. Für mich ein toller Whisky für diesen Preis.

Weiter ging es mit Nummer 3.  Hier war das Aroma eher hell mit viel Apfel und Apfelringen. Eine herbe Unternote war aber auch zu spüren, wie ein sehr würziger Honig. Aprikose, leichtes Holz und definitiv eine Spur Heu waren noch zu riechen. Auf der Zunge zeigte sich ausgeprägte Süße mit Aprikose, Vanille, Apfel, Karamell, aber auch weißem Pfeffer. Ein sehr gelungener Whisky. Auflösung: GlenAllachie 12 Jahre, Madeira Wood Finish mit 48%. Die auf 4800 Flaschen limitierte Abfüllung erscheint übrigens exklusiv für Deutschland.

Momentan werden ca. 50% Ex-Bourbonfässer, 30% Sherryfässer und 20% Exotenfässer (also Rotwein, Starkweine, Virgin Oak und Co.) bei GlenAllachie befüllt. Da die Brennerei über Jahrzehnte für Blends produzierte musste Billy Walker das Fassmanagement grundlegend überarbeiten, man könnte fast sagen erst eines einführen! Daher kommen aktuell viele Finishings auf den Markt, denn die aktuellen Abfüllungen stammen alle aus dem Lager, welches Walker übernommen hatte. 

Sample 4! In der Nase ein Obstgarten und Jahrmarkt, aber auch weinige, leicht trockene Noten. Im Geschmack anfangs leichte Säure, dann etwas Streichhölzer, Ingwer, Pflaumen mit Kaffee im Abgang. Sehr kräftig und bei mir auch etwas schwefelig. Mit diesem Whisky betraten wir die Single Cask Range: Ein 2011er Whisky, der in einem Port Pipe Lagerte und mit 59,1% abgefüllt wurde.

Die Nummer 5 ging ähnlich stark weiter: Wieder diese typische Würze aus dem Glas. Wir einigten uns immer auf "Heidehonig". Heidekraut, Honig, etwas Minze, Thymian, Anis und auch etwas Schärfe. Im Geschmack viel Honig, Traube, weiße Schokolade, Alkohol und ganz hinten auch etwas Säure. Die Wahrnehmung des Alkohols wunderte mich bei der Auflösung nicht mehr: 63,1%! Ein 2010 destillierter Whisky aus einem Marsala Barrel. Sehr, sehr fein!

Zum Finale hin wurde es kurios. Hier die Tastingsnotes, und das ist keine Einzelmeinung, sondern die Meinung wirklich vieler: Verdünnter Essigreiniger, Senf, Gurkenwasser, Kleber und Bourbonaromen in der Nase. Sehr abgefahren. Will man das trinken? Im Geschmack: Auf einmal süß! Kräuter, trocken und etwas seifig, dann aber auch aufgelöste Gummebären. Ein abgefahrener Whisky, der bei vielen Malt des Abends wurde. Für mich war es ein Erlebnis. Belassen wir es dabei. Es handelte sich um einen 12 Jahre altes Single Cask mit 55,4% mit einer Lagerung in Pinot Noir.

Der Abschluss musste jetzt noch diesen Whisky toppen. Und machte das ohne Probleme: Sehr intensiv, nussig, Orange. Dunkle Schokolade, Heidehonig, Kaffeebohnen und Melasse. Auf der Zunge weich, samtig, sehr voll. Sirupartig, Ahornsirup kommt mir in den Sinn. Die volle Palette dunkle Früchte, Schokolade, kräftiger werdend und etwas Holz hinten raus. Ein Komplexitätsmonster. Als Abschluss gab es also: 1990/2020, somit 30 Jahre alt, PX Hogshead mit 52,2% und einem Preis um ca. 450-500€. Wow, was für ein Erlebnis!

Whisky des Abends?

Am Ende so eines Artikels erwartet man ein Fazit. Eine Erklärung, welcher Whisky aus welchem Grund großartig geschmeckt hat. Ich habe wirklich seit Freitag überlegt und es mir nicht leicht gemacht. Die Antwort ist: Wie soll man hier einen Whisky herausheben? Alle Whiskys waren besonders, hatten aber auch einen durchgehenden Brennereicharakter. Alle Whiskys waren spannend und die meisten haben einen sehr fairen Preis (ob 450€ für 30 Jahre "fair" sind überlasse ich Euch). Für mich ist klar: Der 15er ist eine Wucht und weiterhin mein Liebling aus der Core Range. Der 12er Pinot Noir traf meinen Geschmack nicht, aber ich finde es toll, dass man so einen Whisky in ein Tasting genommen hat. Insgesamt kam er sehr gut an. Und der 30er PX, nun, das ist einer dieser seltenen Once in a Lifetime Drams. Da kann man sich einfach nicht entscheiden!

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