Whisky Review #176: Ardmore 6 Jahre - Idols of Scotland

Ich weiß, was Ihr denkt: Trinkt der eigentlich auch noch was anderes als Ardmore? Die Antwort ist zwar ein deutliches "ja!", aber heute wandert dennoch ein Ardmore in mein Glas. Dafür ist dieser aber spannend, denn er ist jung (6 Jahre) und mit einem Apple Brandy Cask Finish ausgestattet. Das hatte ich noch nie, und somit bin ich sehr gespannt, wie es sich auf den Whisky auswirkt!

Sexismus und Whisky

Bevor wir zum Whisky kommen, muss ich ein paar Worte zum bestimmenden Thema der letzten Woche loswerden. Zumindest in der Whiskywelt war dies nämlich nicht Corona, sondern Sexismus. Ich hatte überlegt, ob ich einen ganzen Artikel dazu schreibe, habe dies aber doch verworfen. Dennoch kann und will ich nicht ohne klare Position aus dieser Woche gehen.

Was war eigentlich passiert? Letzte Woche ist ein verstärktes Licht auf die Verkostungsnotizen eines gewissen Herren namens Jim Murray gefallen. Dieser wird wohl (fast) allen Lesern bekannt sein, veröffentlicht er doch jährlich seine "Whisky Bible". Im Jahr 2020, wie wohl auch in den Vorjahren, zieht sich allerdings ein Thema durch einige seiner Notizen: Absolut unpassende Vergleich eines Whiskys mit Frauen, sexuellen Erfahrungen und allem möglichen weiteren Stuss in diese Richtung. Ich habe nie eine "Bible" gelesen oder besessen, daher weiß ich nicht, ob dies ein neuer "Trend" bei Herrn Murray ist, jedenfalls wurde dies nun thematisiert. Mittlerweile haben einige Brennereien, Konzerne und Shops, wie z.B. Glenfiddich oder Pernod Ricard, reagiert und das Buch aus dem Sortiment genommen, bzw. die "Zusammenarbeit überdacht". Gut so!
Was weniger gut ist, ist die Reaktion in einigen Social Media Kanälen. Ich war überrascht, erschrocken, teilweise angewidert, wie viel Unterstützung Murray in diversen Facebookgruppen erfahren hat. Ich werde nicht wiedergeben, was dort gesagt wurde, aber das Spektrum reichte von "sehr konservativ" (um es freundlich auszudrücken) bis hin zu "Verschwörungstheoretiker". Einige Kommentare ließen eine rechte Gesinnung, Hang zu Verschwörungstheorien und Co. auf jeden Fall deutlich erkennen.

Hier also einfach und auf den Punkt mein Standpunkt: Murrays Aussagen finde ich zutiefst unnötig und abstoßend. Eine Tastingbible wird mir auf jeden Fall nicht ins Haus kommen. Traurig machen mich die diversen Kommentare in den Gruppen. Ich dachte, wir, als WhiskygenießerInnen, wären besser als das. Leider sind einige es wohl nicht.  Sexismus hat keinen Platz im Whisky!

Idols of Scotland

Jim Murray ist kein Idol of Scotland.  Der heutige Whisky widmet sich aber eben jenen Persönlichkeiten, die man so titulieren kann. Auf der Rückseite der Flasche ist dies recht prägnant beschrieben:

 

"Die Idols of Scotland Abfüllreihe erinnert an die vielen Männer und Frauen Schottlands, deren Leben und Wirken auf besondere Weise die Geschichte des Landes und seiner Menschen für immer verändern sollten: Krieger und Poeten, Herrscher und Bauern, Künstler, Wissenschaftler und Erfinder."

 

Die Reihe umfasst verschiedene Abfüllungen und der heutige Ardmore ist Sir Walter Scott gewidmet. Scott lebte von 1771 bis 1832 und war Dichter, Schriftsteller, Verleger und Literaturkritiker. Er gilt als Erfinder des Geschichtsromanes und viele seiner Werke, wie z.B. Kenilworth, The Pirate oder The Antiquary boten die Vorlage für zahlreiche Opern oder Theaterstücke. 

Ardmore 6 Jahre Idols of Scotland - Verkostungsnotizen

Über den Whisky: Die Idols of Scotland Reihe wird von Whiskymax herausgebracht. Die Nummer 4 ist ein 6 Jahre alter Ardmore, der mit 46,5% abgefüllt wurde. Es handelt sich um das Fass 9890, welches insgesamt 330 Flaschen ergab. Das Besondere ist das Finish in einem Apple Brandy Cask.

 

Aroma: Das Aroma zeigt sich typisch Ardmore: Kräuterig, etwas erdig und mit einem Hauch von Rauch. Dazu gesellen sich hellere Fruchtaromen. Der Apfel kommt mir vielleicht nur wegen des Wissens um das Finish in den Sinn, aber es geht tatsächlich etwas in Richtung von Granny Smith.

 

Geschmack: Die 46,5% stehen diesem jungen Whisky gut zu Gesicht. Als Fassstärke wäre er vielleicht etwas brachial daher gekommen. So zeigt er sich etwas weniger wild, auch wenn die Jugend definitiv spürbar ist. Der Geschmack schließt sich nahtlos an die Eindrücke aus der Nase an. Wieder Gartenkräuter, Erde, aber deutlich mehr Apfel- oder vielleicht auch Birnennoten. Das Finish hat auf jeden Fall einen bleibenden Eindruck hinterlassen.

 

Abgang: Der Abgang ist eher kurz. Der Hauch von Rauch baut sich ein wenig mehr auf, ein wenig Eichenholz kommt ins Spiel. Sir Walter Scott hat definitiv länger nachgewirkt.

 

Abschließende Gedanken: 2020 scheint für mich das Ardmore-Jahr zu werden. Mit knapp unter 50€ ist auch dieser Tropfen gut bezahlbar, immerhin handelt es sich um ein Einzelfass mit besonderem Finish. Allerdings muss ich zugeben, dass er wohl keinen großen Eindruck bei mir hinterlassen wird. Ein solider, durchaus gut trinkbarer Whisky, dessen Finish nicht vergebens war. Es geht aber auch spektakulärer.

 

Malt Moment: Bei einem guten Buch will man ja nicht zu sehr vom Begleitwhisky abgelenkt werden, oder?

 

Weitere Informationen:

 

Kategorie: Single Malt Scotch Whisky

Destille: Ardmore

Region:  Highlands

Preis: ~50€

46,5%

Kältefiltration: nein

mit Farbstoff: nein

Gelagert in: Apple Brandy Cask Finish

 

Mehr Informationen:

Whiskybase 

Ardmore auf Malte talks Malts

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