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Vor Ort: Köpenicker Whiskyfest 2020

Am vergangenen Wochenende hat es mich nach Berlin Köpenick zum Köpenicker Whiskyfest verschlagen. In einer Zeit, in der Whiskymessen eigentlich ausnahmslos ausfallen konnte diese Messe dank eines großzügigen Außengeländes stattfinden. Da hieß es natürlich: hin da! Großzügig war neben dem Gelände auch die Auswahl an Whisky, sodass ich auch an zwei Tagen natürlich nicht alles verkosten konnte. Heute nehme ich Euch mit auf eine kleine Rundreise über die Messe. Stichworte: Cadenhead's, Pinkernell's, Claxton's, Whiskyhort!

"Corona ist ja eher ein Intelligenztest"

Bevor es an den Whisky geht: Eine Sache muss aus dem Weg geräumt werden. Ja, das Hygienekonzept der Veranstalter hat gepasst, da gibt es nichts zu bemängeln. Aber in der Zusammenfassung kann man auch sagen: Insgesamt haben vier Gäste auf dem Gelände Masken getragen: Aaron, seine Frau Nicole, meine Verlobte Carina und ich. Der Spaß mit freundlichen Menschen ging für mich schon am Einlass los: Hier wurde an drei Stehtischen nach den Kontaktinformationen gefragt. Carina und ich stellten uns an einen Tisch und füllten diese aus. Zu uns gesellten sich aber umgehend zwei weitere Personen, Abstand maximal 10cm. Auf ein freundliches "könnten Sie vielleicht kurz warten um den Abstand zu wahren" kam ein "ich trage eine Maske und drinnen ist das auch nicht anders." Bewegt haben sich die Personen nicht, wir haben dann den Tisch verlassen und die restlichen Angaben im Stehen ausgefüllt. Um es deutlich zu sagen: Das ist für mich, im wahrsten Sinne des Wortes, asozial. Auch die Abstände vor den Ständen wurden nicht im Ansatz eingehalten, Masken, wie gesagt, nicht getragen und auch sonst keine Rücksicht auf die aktuelle Situation genommen. Sollte eine Infizierte Person am Wochenende auf dem Gelände gewesen sein könnte der Whiskyherbst noch zu einer unrühmlichen Geschichte werden. Jetzt aber Whisky, dafür seid Ihr ja da.

Viel Port, viel Ardmore, viel Whiskyhort

Abgesehen von der Corona-Situation, habe ich mich sehr auf die Messe gefreut und der erste Blick auf Stände voller Whiskyflaschen war ein Wunderbarer. Nur, womit soll man anfangen? Was soll man trinken, was "muss" ausgelassen werden? Bei mir ging es einmal an allen Ständen vorbei, bis die Entscheidung gefallen war: Anam na h-Alba gehörte der erste Tropfen. Ein 2008 destillierter Glen Moray aus einem Amarone Quarter Cask erwies sich als wahrer Glücksgriff. Ein fruchtiger, karamelliger Whisky, der perfekt als Einstieg passte - trotz 52,1% Fassstärke. Nummer Zwei musste nun mithalten können und ich wählte von Claxton's einen 15 Jahre alten Tomintoul aus einem Sherry Butt. 56,6% Alkoholstärke stellten definitiv eine Steigerung dar, geschmacklich war ich allerdings zum ersten Mal von einem Claxton's enttäuscht. Ein angenehmer Sherrywhisky, ja. Aber jenseits der 100€ war er mir dann doch etwas zu "normal". 

Um zurück zu alter Stärke zu gelangen ging es also einfach zurück zu Tom und Anam na h-Alba. Ardmore, 2009 destilliert, Sherry Cask, 55,8%, so waren die Daten meines dritten Whiskys. Eine tolle, tiefrote Farbe machte mir schon beim ersten Besuch am Stand Lust auf diesen Whisky, aber mit Ardmore steige ich eben nicht in eine Messe ein. Der Ardmore gefiel mir schon besser als der Tomintoul, denn er hatte einen leichten Rauch, schöne Sherryaromen und ordentlich Kraft. Etwas Wasser tat ihm gut, und er zeigte sich milder, voller und gefälliger. 

Als vierten Whisky gab es einen weiteren Ardmore, dieses Mal aus einem Refill Port Cask. Abgefüllt von The Whisky Chamber und vertrieben durch Klaus Pinkernell stellte dieser 10 Jahre alte Highlander den Messewhisky dar. Mir gefiel er noch einen Tick besser als die Sherryvariante zuvor, denn er wirkte etwas ruhiger und voller. Vor allem mit Wasser konnte er mich überzeugen.

Um aus meinem Anam na h-Alba - Klaus Pinkernell - Anam na h-Alba - Klaus Pinkernell-Schema zu entkommen ging es für Dram Nummer 5 zu Cadenhead's. Hier gab es einen 12 Jahre alten Whisky aus der Dufftown Distillery, der in einem Rumfass gelagert wurde. Ich mag diese, eigentlich eher ungeliebte, Brennerei gerne und dachte mir hier "ach, wieso nicht". Nun, ganz ehrlich, das war nicht mein Whisky. Scharfe säuerlich-süße Ananas und einfach zu viel Rumfass für meinen Geschmack. Anschließend zeigte Cadenhead's aber, was möglich ist: Ein 26 Jahre alter Dufftown und ein 27 Jahre alter Auchroisk kamen nacheinander in mein Glas. Beide 1988 (mein Geburtsjahrgang) destilliert, beide mit 165€ für einen Single Malt, Single Cask auch noch fair bepreist. Beide Whiskys zeichneten sich durch die klassische Ex-Bourbonreifung aus, die tropische Früchte, Vanille, helle Grütze und leichte Eiche mit sich bringt. Ich habe lange überlegt mir einen dieser 1988er zu kaufen, konnte mich dann aber nicht entscheiden und ließ beide stehen. Vielleicht ein Fehler - ich weiß es nicht!

Abschließende Drams und Tag 2

Während Aaron und Nicole sich eine Signatory Masterclass gönnten (und später sehr zufrieden zurück kamen) ließ ich mich über die Messe treiben. Dabei gingen Bilder der bisher erwähnten Whiskys auf meinen Instagram Account und mein Freund und Kollege Sebastian Büssing schrieb mir, dass ich bei Penderyn unbedingt das Moscatel Cask probieren müsste (O-Ton:" Basti sagt sein Penderyn aus dem Moscatel Fass ist nen Brett"). Also, nichts wie hin! Und was soll ich sagen? Ja, ein echtes Brett! Erst süß, aber auf der Zunge auch sehr spannend mit einer Salzkaramellnote. Anders, spannend, vom Fass definitiv maximal beeinflusst. Den Penderyn zu toppen würde schwierig werden, so viel war klar. Ich versuchte es mit einem 28 Jahre alten Glen Scotia von Cadenhead's, der allerdings relativ langweilig daher kam. Ein recht rauchiger, aber wenig spektakulärer Vertreter dieser Campbeltown Brennerei. Hier zeigt sich, dass bei Glen Scotia die Qualität in den letzten Jahren angezogen hat.  Zum Abschluss des Tages gab es noch ein Bier in der kleinsten Brauerei Deutschlands und gegen Mitternacht ging es ab ins Bett!

Tag 2 startete für mich mit brutalen Kopfschmerzen, die nicht auf einen Kater zurückzuführen waren. Es hieß also: Frische Luft und etwas entspannen. Nach einem kleinen Mittagsschlaf ging es für mich um 16 Uhr auf die Messe, die schon seit 14 Uhr geöffnet war.  Tag 1 war mir gut in Erinnerung geblieben, aber ein wirkliches Highlight, ein "den muss ich haben!" gab es bis dahin nicht. Oh, aber wie sich das ändern sollte!

Am ersten Tag hatte ich mich spontan beim Whiskyhort Tasting eingebucht und für 30€ wurden von Olaf Fetting (den ich nach Jahren der Online-Bekanntschaft nun endlich auch mal in real treffen durfte) fünf Abfüllungen für den Whiskyhort aufgetischt.

Bereits der Einstieg ins Tasting war grandios: Ein 17 Jahre alter Auchentoshan aus einem Ex-Bourbon Cask. Getauft auf den Namen "Lamorak" versprüht dieser Malt Lowlandfeeling, aber mit Kraft. Eine tolle Vanillenote, cremig, fruchtig. Wirklich großartig! Mit 120€ ist auch der Preis in Ordnung, wenn auch nicht ganz günstig. Der zweite Whisky im Tasting musste aber nach dem Tasting gekauft werden: Ein 8 Jahre alter Tullibardine mit Amarone Cask Finish, abgefüllt von Malts of Scotland für den Whiskyhort und Flickenschild. Ein kräftiger, voller, nussiger Dram, der gar nicht unbedingt Wasser benötigt. Wie gesagt: Wurde gekauft. Außerdem musste ich nach dem Tasting auch den dritten Whisky mitnehmen: Der Valinch #3 ist ein Glenallachie mit Sherryfassreifung und einem 1 Jahre langem Finish in einem Pinot Noir Fass. Eine trockene Fruchtbombe, die durch den Rotwein beeinflusst, aber nicht dominiert ist. Bei allen im Tasting kam dieser Whisky unglaublich gut an und die 89,90€ habe ich gerne auf den Tisch gelegt. Mit Mork V von Orkney kam ein 14 Jahre alter Highland Park ins Glas, der für das fünfte Firmenjubiläum abgefüllt wurde. Highland Park gefällt mir unabhängig abgefüllt ja meist sehr gut und so konnte auch dieser Whisky vollends überzeugen. Der typische Rauch von Highland Park fügte sich hier schön zu den satten Sherryfassaromen. Harmonisch, aber kräftig! Den Abschluss bildete ein Fass des Classic of Islay. Die Besonderheit: Angeblich handelt es sich nicht um einen Lagavulin, was ja sonst als Tipp für diesen jungen Islay gehandelt wird. Nun, wir waren entweder bei rauchigem Bunnahabhain oder Laphroaig - sicher wusste es aber keiner. Im Tasting ging dieser Whisky natürlich etwas unter, aber mit 45€ hatte er auch ein starkes Feld vor sich. Insgesamt gefiel mir das Tasting richtig gut, denn nicht nur die Whiskys waren spitze, auch Olafs Führung durch die Abfüllungen war wunderbar.

Nach dem Tasting ging es für mich mit einem Glentauchers von Cadenhead's weiter, der wiederum mit klassischen Bourbonfassaromen überzeugen konnte. Ein wohlgereifter, anspruchsvoller Malt, der aber natürlich auch seinen Preis hatte. Zum Messeabschluss gab es noch drei Abfüllungen für mich: Zunächst einen Bunnahbhain aus einem Brandy Cask. Diese Abfüllungen sind ja meist unglaublich teuer (179€ für einen 12 Jahre alten Bunna) und so wollte ich dann wenigstens mal probiert haben. Fazit: Sehr lecker, gediegen und wirkt deutlich älter als er ist, aber den Preis zahle ich nicht). Als zweiter Whisky kam ein Speyburn aus einem Oloroso Hogshead ins Glas. Klaus warnte mich schon, dass der eine besondere Note hätte und nicht jedem gefällt. Und er hatte recht: Dieser Whisky riecht definitiv nach Essig. Für mich war es glücklicherweise Balsamico, und das finde ich erträglich. Im Geschmack kam dann ein angenehmes, gar mildes Sherryfass zum Vorschein. Mir gefiel der Whisky gut, aber ich kann verstehen, wenn man hier Probleme hat. Der Messeabschluss gehörte Cadenhead's mit einem 12 Jahre alten Ledaig. Dieser hatte viel Rauch, ordentlich Kraft, aber mir fehlte ein wenig die Finesse der Brennerei, die ich sonst auch bei jüngeren Ledaigs und Tobermorys finde.

Fazit

Im Rückblick schaue ich auf ein tolles Wochenende zurück, das aber auch anstrengend war. Als (gefühlt) einziger auf etwas Abstand zu achten und dabei nicht völlig genervt zu sein war schon eine Probe für meine Nerven. Dem gegenüber stand aber eine tolle Messe. Die Freiheit 15 ist eine tolle Location, die mich direkt in Messestimmung gebracht hat. Alle Händler hatten Lust auf Messe und die meisten Whiskys wussten zu gefallen. Der große Gewinner der Messe ist für mich definitiv der Whiskyhort mit genialen Abfüllungen, tollen MitarbeiterInnen und fairen Preisen. Nicht gerade mein "local" Dealer, aber einer, der seinen Ruf zu recht hat. Nun bleibt nur etwas Herzschmerz, denn in naher Zukunft zeichnet sich keine weitere Messe ab. Um das zu ändern hilft nur: Haltet Abstand, auch wenn Ihr Whisky trinkt! Verdammt nochmal ...

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Kommentare: 2
  • #1

    Sebastian (Montag, 07 September 2020 17:58)

    Kumpel und ich waren Freitags da und gefühlt auch die einzigen mit Maske.
    War eine sehr unangenehme, ungewisse Situation.
    Sonst haben wir die Messe genossen wie jedes Jahr.

  • #2

    whiskykanzler (Sonntag, 17 April 2022)

    Zitat. " Sollte eine Infizierte Person am Wochenende auf dem Gelände gewesen sein könnte der Whiskyherbst noch zu einer unrühmlichen Geschichte werden."
    Bei diesem Bericht ging es ja wohl um das Whiskyfest in Köpenick und nicht um den Whiskyherbst in der Malzfabrik.
    Das Original, also der Whiskyherbt wird somit hoffentlich zu keiner unrühmlichen Geschichte werden. Dort wurden vermehrt Masken gesichtet.