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Whisky Review #172: Ardmore 2009 / 2020 82 Chapters to Newcastle

Muss ich wieder was über "Sommerwhiskys" schreiben? Nix da! Ja, es sind 30 Grad draußen, ja, ich sitze im Garten und ja, es ist ziemlich warm. In meinem Glas? Ein Ardmore mit 60,4%! Warum? Darum! Die Jungs von 82 Chapters to Newcastle haben was neues auf den Markt gehauen (und auch direkt ausverkauft) und das will jetzt besprochen werden. Und da die Jungs auch hier wieder unkonventionell waren, bin ich das jetzt auch einfach. Let's go!

Not a Scotch

Erst bei näherem Hinsehen fällt bei diesem Ardmore etwas auf: Da steht "Single Malt Whisky". Von "Scotch" allerdings keine Spur. Der Grund ist allerdings denkbar einfach: Die drei Herren von 82 Chapters to Newcastle haben das Fässchen Ardmore aus Schottland importiert - manch ein Purist würde vielleicht von "Entführung" sprechen! - und einfach in Deutschland gelagert! Durch die Lagerung und Abfüllung im Heimatland ist nun eben das "Scotch" aus der Bezeichnung verschwunden, denn dieser muss in Schottland gelagert und auf die Flasche gezogen werden. Aber ganz ehrlich: Das ist doch schnuppe!

Was wurde hier also getrieben? Dieser Ardmore bekam ein Finish im Staatlichen Hofkeller Würzburg. Das Kellergewölbe und die dazugehörige Residenz (als Wein- und Whiskytrinker muss die Zuordnung in dieser Reihenfolge geschehen!) sind seit 1981 UNESCO Weltkulturerbe und sorgt mit seinen bis zu 5m dicken Mauern für eine angenehme, gleichbleibende Temperatur. Insgesamt lagern bis zu 700.000 Liter Wein in dem Kellergewölbe und eine Zeit lang eben auch dieser Ardmore.

Und da diese Geschichte an sich noch nicht gut genug ist, gibt es auch noch was für's Gewissen: Jede verkaufte Flasche (ausverkauft!) sorgt auch für einen neu gepflanzten Baum. Da freut sich sogar das grüne Herz! Ich find es gut. Schauen wir mal, ob der Ardmore auch gut schmeckt!

Ardmore 2009 / 2020 82 Chapters to Newcastle - Verkostungsnotizen

Über den Whisky: Dieser Ardmore wurde am 13.10.2009 destilliert und am 24.6.2020 abgefüllt. Er ist also nicht ganz 11 Jahre alt. Gereift wurde er erst in Schottland, das Finish in einem Portfass fand dann in einem Port Cask statt. Abgefüllt wurde ucf nc cs, also unchillfiltered, natural colour, cask strength. Oder kurz: So, wie wir es mögen! 60,4% sind ja auch nur das Doppelte der aktuellen Temperatur, das sollte also passen.

 

Aroma: Das Aroma tut sich bei der Temperatur schwer (ich hatte es eben auch bei einem zweiten Whisky) und ich kämpfe, wirklich etwas zu "greifen". Da ist eine Süße, klar. Etwas vergorene rote Früchte, ein ganz bisschen Vanille. Der Alkohol muss wohl im Glas hängen, ich rieche ihn kaum. Vielleicht hilft gleich etwas Wasser, nun aber pur an den Geschmack!

 

mit Wasser: Die Beeren, die ich pur im Geschmack hatte (siehe unten) kommen stärker durch. Saunaholz. Etwas lebendiger, der Alkohol hält den Whisky nicht mehr so sehr "auf Spannung".

 

Geschmack: Mundausfüllend, kräftig, aber nicht so heftig, wie ich erwartet hatte. Ja, da ist Alkohol (den merke ich aber vor allem im Abgang), aber den kann ich auch pur trinken. Im Geschmack liegt eine leichte Schärfe, kandierter thailändischer Ingwer, wovon ich immer nur zwei Stücke auf dem Weihnachtsmarkt nasche, da er so kräftig ist. Die Beeren erinnern mich an schwarze Johannisbeere, vielleicht etwas Himbeere, aber ohne die starke Süße. Den typischen Ardmore Rauch nehme ich nur als Basisnote wahr: Sie ist schon irgendwie da, aber nur sehr schwach. Ein Fundament, sozusagen.

 

mit Wasser: Cremiger, mundausfüllender und mit etwas weniger Kraft. Weicher, logischerweise. Dann eine Geschmacksnote, die ich bei vielen Whiskys der Scotch Malt Whisky Society habe: Koriander, manche würden auch sagen "leicht seifig". Keinesfalls unangenehm, vielmehr eine spannende Entwicklung. Die Beeren verschieben sich dafür etwas zum Abgang hin. Dieser bleibt recht ähnlich, daher wird er weiter unten nicht explizit mit Wasser aufgeführt.

 

Abgang: Im Abgang kommt der Alkohol anfangs schon durch. Ist auch ok bei 60,4% vol. Dann kommt diese typische Portnote: Leicht angegorene, etwas muffige rote Frucht. Zum Ausklang noch schöne Eiche.

 

Abschließende Gedanken: Ein Whisky, der mich fordert. Nicht wegen der Hitze, das passt schon. Vielmehr, weil er mir sehr "auf Spannung" erscheint. Wisst Ihr, was ich meine? Der Whisky hat Kraft, will raus, quasi explodieren, aber irgendwie ist er eingeschnürt, zurückgehalten. Wasser löst diesen Zustand etwas und gibt dem Whisky mehr Raum. Sowohl pur, als auch leicht verdünnt bringt er mir aber Spaß und das soll Whisky doch tun, oder?

 

Malt Moment: Ich war noch nie in Würzburg. Aktuell bin ich ja eher für einheimischen Urlaub. Hm ...

 

Weitere Informationen:

 

Kategorie: Scotch Single Malt Whisky

Destille: Ardmore

Region:  Highlands

Preis: ausverkauft

60,4%

Kältefiltration: nein

mit Farbstoff: nein

Gelagert in: Port Cask Finish

 

Mehr Informationen:

Whiskybase

Ardmore auf Malte talks Malts 

82 Chapters to Newcastle

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