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Vor Ort: Bottle Market Bremen (2019)

In der letzten Zeit war ich viel auf Tastings & Messen. Die Kategorie "Vor Ort" wurde wohl noch nie so viel bedient. Das vergangene Wochenende trieb ich mich drei volle Tage auf dem Bottle Market in Bremen herum, wo es wieder endlos viele Whiskys zu probieren gab. Drei Tage haben so im Endeffekt nicht ausgereicht um wirklich alles zu probieren. Heute möchte ich meiner Nachlese versuchen die spannendsten, außergewöhnlichsten Whiskys vorzustellen, die in meinem Glas haben. Einen Anspruch auf Vollständigkeit besteht dabei allerdings leider nicht, dann dafür habe ich zu viel links und rechts aus anderen Gläsern probiert.

Der Versuch einer Chronologie

Bevor ich zum Whisky komme starte ich auch meine heutige Messerückschau mit ein wenig Kritik. Leider ist diese, wie beim Whisky & Rum Festival in Puttgarden, angebracht und betrifft erneut Organisation und Preis. Der größte Punkt ist, dass man beim Bottle Market sein Glas zusätzlich kaufen muss. Da gleichzeitig auch die Christmas & more Messe stattfindet ist diese Lösung in sich vielleicht schlüssig. Warum man aber ein Umhänge-Glashalter und ein Magazin erwerben muss und damit 6€ zusätzlich hinblättern soll, entzieht sich mir dann doch. So steigt der Tagespreis mal flockig von 14€ (VVK) auf 20€. Eine richtige Spülstation gibt es dafür nicht, man kann sein Glas aber immerhin an einigen Selbstbedienungsstationen spülen. Zum Glück hatte ich mein eigenes Glas dabei. Die Garderobe kostet dann auch noch mal zusätzlich. Außerdem gibt es keine 3-Tages-Karten, ich musste also eine Zwei-Tages-Karte und eine für einen Tag kaufen. Gebucht wurde alles auf ein Ticket mit Barcode. Dieser war allerdings nicht lesbar, sodass das Ticket für den Zutritt einbehalten werden soll. Wie ich die anderen 2 Tage teilnehmen sollte war nicht klar. Ich konnte mich gerade noch dagegen wehren und durfte mein Ticket behalten. Insgesamt ist das alles irgendwie unnötig kompliziert. Abschließender Punkt: Die Messe war deutlich zu dunkel ausgeleuchtet! Daher sind ein paar Fotos nicht ganz so scharf, wie gewollt.

 

Nun, genug Kritik geübt, denn davon ab war der Bottle Market ein tolles Erlebnis! Ich versuche dabei halbwegs chronologisch vorzugehen. Die Whiskys sind jeweils auch als Bild anzuschauen, falls Euch Details interessieren!

Den Auftakt machte ein 11 Jahre alter Glenrothes von Gordon & MacPhail, den ich am Stand von Kirsch trank. Ein solider Einstieg aus der Discovery Serie, mit der ich hier meinen ersten Berührungspunkt hatte. Ein milder, angenehmer Whisky, der meinen Mund mit seinen leichten Fruchtaromen gut vorbereitete! Anschließend ging es zu Mackmyra, wo der Expedition mit einem Moltebeerenfinish zu überzeugen versuchte. Ich muss allerdings sagen, dass ich schon deutlich stärkere Mackmyras im Glas hatte. Der Expedition war angenehm, die schwedische Eiche spielte die Haupttöne und auch sonst gibt es nichts zu meckern. Aber richtig herausragend war der Whisky auch nicht.

Anschließend besuchte ich Thorsten am Stand von St. Kilian. Wir hatten die Woche zuvor einen Livestream zusammen gemacht, kannten uns aber im "echten Leben" noch nicht. Über alle drei Tage kam ich immer wieder bei Thorsten und Olli vorbei und führte lockere Gespräche - zwei ganz angenehme Jungs sind das! Im Gepäck hatten sie einen St. Kilian, der vor Ort aus einem Spätburgunder-Fass abgefüllt werden konnte. Ich probierte am Freitag und war von der Eiche, der Frucht und dem wirklich eindrucksvollen Gesamterlebnis so überzeugt, dass ich mich direkt für eine Flasche entschied. Abgefüllt habe ich diese aber erst am Samstag. Erneut vielen Dank an Thorsten!

Nach St. Kilian ging es über einen Glen Scotia Victoriana - kannte ich noch nicht, kann aber die landläufig gute Meinung unterstreichen! - weiter zum Whisky Druiden, bei dem ich vor allem meine Augen auf die Scotch Universe Abfüllungen richten wollte. Allerdings beging ich den kleinen "Fehler" Michel Reick meine Karte in die Hand zu drücken, was prompt seine Erinnerung an mich hervorrief. Auf der Kieler Whiskymesse hatten wir ein Video zu einer Scotch Universe Flasche gemacht und waren dabei nicht gerade gnädig gewesen. Zugegeben: Vielleicht sogar etwas drüber mit unserer Kritik. Michel musste also in einer dunklen Ecke mit mir mal darüber sprechen und jetzt finde ich Scotch Universe immer gut! Nein, Spaß beiseite, ich fand es gut, dass er mir da auch mal zurückgespiegelt hat, dass Kritik eben auch echte Menschen trifft. Ich fand es mehr als großzügig, dass er mir eine Restflasche Winter Solstice A.1 in die Hand gedrückt hat, damit wir noch was zu Scotch Universe machen können. Ihr könnt Euch also auf ein Video freuen! Für mich gab es den neuen Ledaig 1st Fill Port Wine Cask (Pegasus A), der mich wirklich umgehauen hat: Der Porteinfluss mit viel Süße, dunklen Früchten und einer feinen Vanille harmoniert hier richtig gut mit dem Rauch, der gar nicht so "dreckig" daher kam. Eine Flasche, die mich wirklich überzeugen konnte!

Claxton's.

Anschließend verschlug es mich zum Stand von Klaus Pinkernell, wo mich vor allem die Claxton's Abfüllungen ansprachen. Nun, man könnte auch sagen, dass ich das restliche Wochenende hier verbracht habe. Mit Adrian, der extra nach Bremen gekommen war, konnte ich an allen drei Tagen ausführlich sprechen. Ein unglaublich enthusiastischer Mensch, der wirklich für die Marke Claxton's, und Whisky im allgemeinen, brennt! Ich breche hier mal die chronologische Erzählung und versuche alle Abfüllungen zu nennen, die ich hier über drei Tage probiert habe: Ben Nevis 23 Jahre (Sherry Butt), Craigellachie 12 Jahre (Ex-Talisker Cask), Glenrothes 11 Jahre (Bourbon Hogshead, PX Octave Finish), Port Charlotte 18 Jahre (Rum Cask), Jura 9 Jahre (Sherry Finish) und bestimmt nicht mehr! Dabei muss ich Marcs Meinung, dass Claxton's sein Lieblingsabfüller ist immer mehr unterstreichen. Der Ben Nevis war eine wahre Wonne mit immer wieder wechselnden Aromen von Blutorange, Zitrusnoten, Limone, dann Süße, Getreide. Der Jura ist ein wahrer Sherrykracher und der Port Charlotte scheint der aktuell älteste Whisky der Brennerei auf dem Markt zu sein, immerhin wurde er nur 2 Monate nach der Wiedereröffnung von Bruichladdich destilliert.

 

Den Abschluss des Tages machte ein Whisky von der The Scotch Malt Whisky Society mit dem Namen Flamingos smoking pipe tobacco. Ein 12 Jahre alter Bunnahabhain aus einem 1st Fill Barrique / Red Wine (10.179). Ehrlich gesagt war es spät, einige Whiskys waren in meinem Glas und in mir, sodass ich hier nicht mehr so ganz genau analysieren konnte. Ein kräftiger, rauchiger Bunna, der durch den Rotwein noch mehr Würze bekam. Anscheinend kam er gut an, denn am Sonntag war nichts mehr da!

Tag 2 und 3 - Klassenfahrt!

Am zweiten Tag wurde unser Bremenausflug endgültig zur Klassenfahrt. Mit Aaron und seiner Frau wohnten wir eh im gleichen Hotel, am Samstag kamen aber auch noch Tobi in Begleitung und unser Freund Ralf dazu. Simon von Whisky Violence war auch da, aber wir haben uns immer wieder verpasst! So waren wir eine große Truppe und der Whisky konnte weiter fließen! 

Für mich gab es erst meine Flasche bei St. Kilian (die ich selbst abfüllen durfte! Danke!) und dann einen 16 Jahre alten Benrinnes von Douglas Laing. Ein toller Dram, der mit 69€ wirklich mehr als fair bepreist ist. Anschließend gab es für mich bei Wolfburn den Langskip, die reine Ex-Bourbon Fassstärke aus der jungen Brennerei in Thurso. Für knapp über 40 Euro bekommt man hier einen erstaunlich milden, gut gereiften Ex-Bourbon Whisky. Ich bin auf jeden Fall weiterhin ein Fan und fand das Langskip sogar besser als das PX Fass, welches exklusiv für Deutschland abgefüllt wurde und bei Tobi im Glas landete. Direkt nebenan gab es danach das neue Batch Sanaig von Kilchoman. Die Farbe des aktuellen Batch ist gigantisch und auch der Geschmack konnte mir überzeugen: Beerenfrüchte und richtig viel kalter Rauch. Islay at its best! Erneut führte mein Weg zu Claxton's, da spulen wir mal vor, und dann weiter zu Kirsch Whisky. Hier musste der Cotswolds PX für Kirsch in mein Glas. Aaron hatte davon geschwärmt und schon eine Flasche gekauft, da musste ich ja probieren! Trotz der 59,7% war dieser Whisky erstaunlich weich und hatte richtig feine Zartbitter-Noten zu bieten. Zu einem Preis von 65€ kann man da nichts sagen. Ich hatte vorher noch nichts von dieser englischen Brennerei, aber das wird sich in Zukunft wohl ändern.

Mittlerweile sind wir schon an Tag 3 angekommen, wo mir auffiel, dass ich noch gar nicht bei Tom von Anam na h-Alba war. 2 Tage lang wurde ich so von Claxton's an der Ecke gegenüber vereinnahmt, dass ich einen meiner liebsten Abfüller komplett übersehen hatte. Dies wurde am Sonntag nachgeholt: Ein Tomfarclas mit Rum Cask Finish kam in mein Glas, der wirklich genial war! Wann bekommt man schon ein Ferkel mit Rum? Dabei war die Rumsüße deutlich vorhanden mit Noten von Papaya und Ananas, aber eben auch nicht zu extrem. Allerdings war das gar nichts gegen den 10 Jahre alten Fettercairn, den Tom am Stand hatte: Vermeintlich einfache Bourbonlagerung, 10 Jahre, nichts ausgefallenes. Aber der Geschmack: Franzbrötchen als Destillat! Zimt, Kuchenteig und ein wenig Apfel. Wie mit künstlichen Aromen produziert. Verrückt! Irre! Wir haben drei Flaschen gekauft!

Mein Messeabschluss war der oben genannte Port Charlotte von Claxton's, wobei ich nur kurz bei der SMWS am Stand ausgeholfen hatte und auch dort noch einen Dram probieren konnte (dazu später mehr).

Bottle Market 2019 - Fazit

Abgesehen von den kleineren Schwierigkeiten in der Organisation war der Bottle Market 2019 großartig! Alle probierten Whiskys waren auf ihre Weise besonders, teilweise großartig, genial, abgefahren oder wenigstens spannend. Aber ehrlich gesagt war der Whisky wieder nur die halbe Miete, denn es kommt doch auf die Freundschaft und die Freunde an, mit denen man unterwegs ist! Daher ein großes Dankeschön an (ohne Reihenfolge und erneut fehlenden Anspruch auf Vollständigkeit!) Carina, Aaron, Nicole, Tobi, Nadine, Ralf, Adrian, Klaus, Tom, Michel, Thorsten, Olli, Ines und wer noch so da war! Nur dank Euch hatte ich so ein wundervolles Wochenende!

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