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Whisky Review #133: Zu Besuch bei St. Kilian

Ein Sommerurlaub ohne Brennereibesuch? Bei mir kaum vorstellbar! Dieses Jahr ging es allerdings (im Sommer) nicht nach Schottland, sondern Süddeutschland war dran. Glücklicherweise lag Rüdenau halbwegs auf der Strecke und so konnte ich mir - endlich! - die Brennerei St. Kilian genauer anschauen. Hier wird angeblich "schottischer Whisky made in Germany" hergestellt. Was es genau damit auf sich hat erfahrt Ihr in meinem heutigen Rückblick!

echt.

Die Brennerei St. Kilian ist Deutschlands größter Single Malt Whisky Produzent. Seit Mai diesen Jahres ist mit dem "Signature Edition - ONE" nun auch der erste wirkliche Single Malt auf dem Markt. Der "TWO" folgte nur kurze Zeit später. Aktuell kann man also zwei Whiskys im Handel erwerben. Eine Distillery Only Abfüllung gibt es aber auch noch, doch dazu später mehr.

Wie wird also dieser Whisky produziert von dem man so viel hört? Das wollte ich mir selbst anschauen. Leider ist Rüdenau nun nicht unbedingt um die Ecke und daher hat es doch einige Zeit gedauert.

 

Schon die Anfahrt erinnerte mich ein wenig an Schottland. Nicht, weil das Wetter tatsächlich gut war, sondern, weil die Landschaft doch eine Art bergiger Speyside ist. Nicht so karg wie Teile der Highlands, aber definitiv mit mehr Erhebungen als um die Spey herum. Aber mal ganz ehrlich, das Foto oben könnte auch aus Schottland stammen, oder? Gute Rahmenbedingungen also für die Whiskyproduktion. Wenn man sich dem Ort nähert sieht man schon aus einiger Entfernung einen Schornstein an dem "W H I S K Y" steht. Zumindest aus unserer Richtung war das Brennereigebäude die erste Anlaufstelle im Ort. Hier fallen dann aber auch direkt einige Unterschiede auf: St. Kilian befindet sich in einem ehemaligen Textilbetrieb, schottische Pagodendächer sucht man hier vergebens. Die Produktion ist vielmehr in einem schlichten, zweckmäßigen Gebäude untergebracht. Dennoch haben wir uns direkt wohl gefühlt, denn von innen ist alles sehr schick, schlicht und modern hergerichtet. Die Außenwirkung wird hier perfekt wiedergespiegelt.

Produktion.

Unsere Tour beginnt im Innenhof, wenn man es so nennen will, der Brennerei. Unser Guide André startet mit der Gründungsgeschichte und wie Andreas Thümmler eigentlich gar nicht vor hatte eine Brennerei zu gründen, aber es dann irgendwie doch dazu kam. Das aus einer richtigen "Schnapsidee" dann St. Kilian wurde, dafür dürfen wir wohl dankbar sein.

Anschließend werden wir durch die gesamte Produktion geführt: Von der Anlieferung des Malzes bis zu den Brennblasen und der Lagerung - kein Detail wird ausgelassen und überall dürfen, ja sollen, Fotos gemacht werden. Ein deutlicher Unterschied zu so mancher explosionsgefährdeter schottischen Brennerei. 

Das Malz für St. Kilian kommt sowohl aus Schottland, wie auch aus Bamberg. Schon hier merkt man die starke Anlehnung an die großen Brüder von der Insel. Pro Maische landen 2,2 Tonnen im Maischbottich und werden mit 16000 Liter eingemaischt. Die Fermentation bei St. Kilian dauert anschließend rund 65 Stunden und verwendet 5,5 kg Hefe. Und da ich euch gerade mit Zahlen zuwerfe: Der Vorlauf erreicht bis zu 75,8% Alkohol, verwendet wird Alkohol von einer Stärke von 68%. Abgefüllt wird bei gängigen 63,5% Alkoholgehalt. 

Ich will mich aber gar nicht in den Details verlieren, sondern eher auf den Eindruck eingehen. Zum einen war ich nämlich sehr überrascht, wie detailliert die Tour war. Der zugrunde liegende Prozess der Whiskyherstellung wurde eigentlich gar nicht richtig angesprochen und stattdessen ging es direkt in die Details der Produktion. Für mich war das natürlich toll, für eine 10€ Tour fand ich es aber überraschend. Außerdem auffällig: Die Anlehnung an die schottische Whiskykultur. Viele Brenner außerhalb Schottlands versuchen ja, zumindest in Teilen, sich von schottischem Whisky abzugrenzen. Bei St. Kilian versucht man eher das Gegenteil: Glaubwürdigkeit durch möglichst nahe Replikation. Das klingt vielleicht negativ, ist aber gar nicht so gemeint. Was meine ich damit? Die Brennblasen kommen aus Schottland. Das Malz kommt in Teilen aus Schottland. Die Washbacks sind aus Oregon Pine, ebenfalls typisch für Schottland. Man macht hier folglich schottischen Whisky, nur eben "Made in Germany".

Nach dem eigentlichen Herstellungsprozess ging es anschließend weiter in die Fasslager. St. Kilian hat einen ganzen Blumenstrauß an Fässern zusammen gesammelt und legt dabei deutlichen Wert auf die Fassqualität. Rum, Amarone, Sherry, Bourbon und Islay, die Art der Vorbelegungen ist mindestens so diverse wie bei den Schotten. Durch Fässer aus Kastanie und andere Experimente kann die deutsche Brennerei dabei sogar darüber hinausgehen. Die Fasslager sind selbstverständlich auch bei St. Kilian ein Highlight, aber mir fehlte etwas das Gefühl eines Dunnage Warehouses. Natürlich gab es auch keine uralten Fässer zu entdecken, das ist ja klar. 

Zum Abschluss der Tour, die gut eine Stunde ging, gab es noch ein Tasting, in dem zuerst der "ONE", dann der "TWO" und abschließend noch ein beliebiger dritter Drink ins Glas kam. Für Nummer drei gab es zahlreiche Auswahlmöglichkeiten aus dem Rüdenauer Portfolio: Whiskyliköre mit und ohne Rauch, der New Make oder auch das Distillery Only Cask, welches es natürlich bei mir wurde.

Zusammenfassend kann ich einen Besuch bei St. Kilian jedem empfehlen. Die Tour ist detailliert und mit 10€ mehr als fair eingepreist, die Brennerei ist schön gelegen und man bekommt hier einen wirklichen Einblick in die Herstellung unserer Lieblingsspirituose. Wir hatten an diesem Nachmittag im August 2019 sehr viel Spaß und haben selbstverständlich die Brennereiabfüllung mitgenommen. Und die gibt es jetzt in der Besprechung!

St. Kilian 2016 / 2019 Ex-Islay Cask - Verkostungsnotizen

Über den Whisky: Der heutige Whisky wurde am 13.7.2016 destilliert und am 19.7.2019 abgefüllt, er ist somit  3 Jahre und 6 Tage alt. Besonders verwerflich: Diese Daten liegen 3 Tage vor, bzw. nach meinem Geburtstag. Wer macht sowas? Abgefüllt wurde er mit 49%. Die gesamte Reifezeit verbrachte er in einem ehemaligen Islay Cask. Welche Brennerei wird nicht verraten. Der Spirit von St. Kilian kam unpeated ins Fass, jegliche Rauchnoten kommen somit aus dem Holz und nicht aus dem Destillat! Leider gibt es diesen Whisky nur in der Brennerei zu kaufen.

 

Aroma: In der Nase habe ich zunächst eigentlich keinen Rauch. Vielmehr eine sehr typische, klare "St. Kilian Nase": Malzig, leicht getreidig und süß. Mir kommt immer ein wenig Brotteig in den Sinn. Dann kommen noch leichte Fruchtaromen dazu. Apfel ist für mich klar erkennbar. Vielleicht ein Hauch Birne. Der Rauch gesellt sich nur sehr, sehr schwach hinzu.

 

Geschmack: Der Geschmack setzt sich ähnlich fort: Erst ist der Kilian richtig süß auf der Zunge. Für sein junges Alter verbreitet er sich schon sehr angenehm im Mundraum. Apfel und Birne kommen dazu. Ein wenig Vanille erscheint und dann kommt Rauch. Und zwar ziemlich viel Rauch! Trocken, würzig, und leicht medizinisch. Ich glaube, ich erschmecke die Brennerei!

 

Abgang: Rauch, Eiche, Würze. Wow! Da ist ganz schön Kraft drin! Ewig lang ist der Abgang natürlich nicht, aber das ist ja auch in Ordnung.

 

Abschließende Gedanken: Diese Distillery Only Abfüllung hat mir nicht nur vor Ort gut geschmeckt, sondern auch mit Abstand und Ruhe bei der Verkostung! In einer Blindverkostung würde dieser Whisky sicherlich als Schotte durchgehen. Wohl kein uralter, aber ein junger, rauchiger Highland wäre sicherlich mein Tipp. Und ich denke, dass ist genau das, was man mit dieser Abfüllung erreichen wollte.

 

Malt Moment: Wenn man Islay will, aber auch deutschen Whisky.

   

Zusammenfassung:

Kategorie: Single Malt Whisky

Destille: St. Kilian

Region:  Deutschland

Preis: 0-50€ (~47,50€)

49%

Kältefiltration: Nein

mit Farbstoff: Nein

Gelagert in: Islay Cask

 

Mehr Informationen:

St. Kilian auf Malte talks Malts 

St. Kilian 

Whiskybase

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