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Whisky Review #131: St. Kilian TWO - Deconstructed

Eigentlich hatte ich eine ganz andere Besprechung geplant. Schottisch, 18 Jahre alt, Rauch. Nun, dann kam die Post und mit ihr ein Paket von St. Kilian! Also habe ich jetzt kurzerhand alles über den Haufen geworfen um euch möglichst schnell meine Eindrücke zum "Signature Edition TWO" mitzuteilen. Ein deutscher Whisky, der ausschließlich in Amaronefässern gelagert wurde klingt ja schon nicht schlecht, aber wenn man dann auch noch die Gelegenheit hat alle drei Fasstypen (325 Liter, 225 Liter und 50 Liter) zu probieren, dann wird es erst richtig spannend!

TWO - Alles Amarone?

Disclaimer: Alle Samples der heutigen Verkostung wurden mir von St. Kilian zur Verfügung gestellt. Mein Dank geht an Irene Zieger und Pat Hock für die Bereitstellung. Ein Einfluss auf die Inhalte dieses Artikels wurde selbstverständlich nicht genommen!

Im heutigen Artikel wird also dekonstruiert. Kommen wir aber zunächst zum Produkt, dass alle erwerben können: Der Signature Edition TWO.

Dieser Whisky reifte ausschließlich in Ex-Amarone Fässern aus der Region Valpolicella. Es handelt sich dabei also um einen italienischen Rotwein aus einem ganz bestimmten Gebiet in der Region Venetien. Der Rotwein an sich ist trocken, wobei ein Teil der Trauben vor dem Keltern getrocknet (dies nennt sich "Appassimento") wird und so dem Wein einen höheren Alkoholgehalt von mindestens 14% Alkohol verleiht. Der Name "Amarone" leitet sich übrigens vom italienischen Wort "amaro" für "bitter" her. Schon durch den Namen wird also die Schwere und Aromenfülle des Weines deutlich. Zum Einsatz kommen verschiedene Rebsorten, vor allem aber Corvina Veronese und Rondinella.  

Der Signature Two durfte insgesamt drei Jahre in Amarone Fässern lagern und wurde mit 54,2% Alkohol abgefüllt. Für mich klingt das nach Fassstärke, aber ausdrücklich vermerkt ist dies nicht. Der besondere Clou an der Abfüllung ist die besondere Reifung in drei unterschiedlich großen Fasstypen: 325l, 225l und 50l große Fässer kamen zum Einsatz. St. Kilian verspricht daher "eine komplexe Balance aus intensiver Frucht und feiner Würze". Für mich klingt das gut, zumal mir ja auch schon die erste Signature Edition gefallen hat.

 

Was bleibt jetzt noch übrig? Nun, lassen wir doch einfach die Fässer und den TWO für sich sprechen. Verkostungsnotizen sind doch eh das, warum Ihr alle hier seid!

 

De-Construction

Da ich keine Ahnung habe, wie der Inhalt der einzelnen Fässer schmeckt (und ich nicht einmal eine Angabe über die Alkoholstärke habe - alle 54,2%?) mache ich es mir nicht zu einfach: Ich gehe von klein nach groß und dann von groß nach klein. Ich vermute, dass die 50l Fässer die intensivste Reifung gebracht haben und daher geschmacklich ziemlich heftig sind. Immerhin tragen sie auch nur 3% zum fertigen TWO bei. Dennoch starte ich zunächst hier. An einem zweiten Abend drehe ich dann die Reihenfolge um, um möglichst objektiv meine absolut subjektiven Einschätzungen abzugeben. 

50 Liter - Verkostungsnotizen

Aroma: Unglaublich süß und fruchtig kommt das 50l Fass Sample aus dem Glas. Zuckrig, eingekochter Beerensirup, irgendwas nussiges. Dann leicht alkoholisch-kühlend und ein wenig Minze. Im Hintergrund schwebt so eine komische Würze, die irgendwo zwischen Kräuter und Eichenfass liegt. Ich tue mich schwer sie genau heraus zu filtern, aber sie gibt eine schöne weitere Dimension.

 

Geschmack: Im Geschmack habe ich als erstes Tannenwald und Waldboden. Dann kommt eine unglaublich kräftige Süße. Brombeere, schwarze Johannisbeere mit wenig Säure, dann wieder etwas Hasel- oder Walnuss. Die Eiche drängt sich weiter in den Vordergrund.

 

Abgang: Der Abgang schreit zunächst "Rotwein!", aber nicht zu trocken, sondern eher süß. Passt ja auch zu dem Fasstyp. Dann bleibt viel bittere Eiche: Starker Kakao und etwas Espresso.

 

Abschließende Gedanken: Hui! Die kleinen Fässer haben auf jeden Fall ihren Stempel aufgedrückt. Ich kann schon verstehen, warum von diesen Fässern nur 3% im fertigen Whisky gelandet sind. Intensiv!

225 Liter - Verkostungsnotizen

Aroma: Die Nase der 225l Fässer ist ganz anders als bei den deutlich kleineren 50 Liter Fässern. Zurückhaltender, weniger süß. Die Beeren wirken hier deutlich vergorener, der Whisky ist auch schwer, aber eben nicht zu sehr auf der süß-klebrigen Seite. Die Würze kommt langsam durch, ich finde etwas Eiche und -haut mich bitte nicht- milder Käse. Nicht müffelnd oder so, aber eine leichte Säure kommt da aus dem Glas. Erinnert mich halt an einen milden Käse. 

 

Geschmack: Cremig,zurückhaltend. Im Geschmack deutlich zurückgezogener als der Kollege 50l. Hier spielen eine leichte Vanillesüße, ein paar Beeren und eine ganz leichte Eiche die Hauptrolle. Es scheint verständlich, warum dies eine Art "Basis" des Whiskys ist. Geschmacklich nicht allzu stark ausgeprägt, aber mild und bekömmlich.

 

Abgang: Der Abgang ist eher kurz. Ich habe einen Hauch Eiche und gemälzte Gerste. 

 

Abschließende Gedanken: Ganz ehrlich: Nicht der aufregendste Whisky. Aber als Basis bestimmt gut zu verwenden. Die Fassnoten sind deutlich schwächer als beim 50 Liter Fass, dafür kommt wohl das Destillat mit Malz und Vanillenoten durch.

325 Liter - Verkostungsnotizen

Aroma: Der größte Fasstyp steuert mit 61% den Großteil zum fertigen Produkt bei. In der Nase ist er noch mal zurückhaltender als die 225l Fässer, und zeigt wieder die Noten von Beere und Vanille.  Mich überrascht eine eher frische, helle Note, die hier mit aus dem Glas strömt. Apfel, Birne? Angeblich geht das ja in die Richtung des Destillates von St. Kilian.

 

Geschmack: Der Geschmack überrascht mich absolut! Voll und voluminös und kräftig-süß. Erst habe ich kurz Lakritze, dann geht es in eine Vanillecreme rüber. Die Brombeeren sind mit Erdbeere vermengt und dann kommt etwas Eiche dazu. Das die großen Fässer so aromatisch daherkommen hätte ich jetzt gar nicht erwartet.

 

Abgang: Auch hier ist der Abgang eher kürzer. Leicht cremig und süßlich verbleibt die Fassprobe.

  

Abschließende Gedanken: Von den 325l Fässern bin ich sehr überrascht. Nach dem Schritt von 50 auf 225 Liter hätte ich hier mit einem noch abgeschwächteren Aroma gerechnet, aber dies ist nicht der Fall. Das Sample aus den 325l Fässern ist für mich am harmonischsten und gefällt mir richtig gut. Jetzt bin ich aber wirklich auf das Ergebnis gespannt!

Signature Edition TWO - Verkostungsnotizen

Über den Whisky: Die Signature Edition TWO ist der zweite Single Malt für den "allgemeinen Markt". Abgefüllt wurde er nach drei Jahren Reifung in Ex-Amarone Fässern mit 54,2% Alkohol. Gelagert wurde er in 50l (3%), 225l (36%) und 325l (61%) Fässern.

 

Aroma: Die Nase vereint tatsächlich die drei Fassarten in einem harmonischen Ergebnis. Süß, leicht vanillig, Brombeere und Erdbeere. Dazu kommt eine grasige und leicht eichige Würze. Rund, aber in Teilen auch zurückhaltender als bei den einzelnen Bestandteilen.

 

Geschmack: Uh, herrlich im Antritt. Voll, cremig (hallo 225 & 325l Fässer), dazu extrem nussig (50l) und insgesamt vanillig. Die Beeren kommen erst nach diesem süß-nussigen Auftritt und sind wieder im dunkleren Spektrum von Brom- und Erdbeere. Zum Abgang hin kommt eine prickelnde Eiche dazu.

 

Abgang: Der Abgang ist insgesamt nicht ewig lang, bietet aber dennoch eine schöne Aromatik. Dominiert wird er von würzigen Kakao und Eichennoten. Ein leichtes alkoholisches Prickeln bleibt auf meiner Zunge zurück.

 

Abschließende Gedanken: Das Spannendste für mich war natürlich das Gesamterlebnis von allen Fassarten und dem fertig geblendeten Produkt. Der Signature Edition TWO ist ein runder, harmonischer Whisky. Mich hat vor allem der tolle nussige Antritt überrascht und sofort mitgenommen. Ein toller Start, der dann immer weiter ausklingt. Mir gefällt der TWO ein Stück besser als der ONE. Die Tendenz ist also keine schlechte!

 

Malt Moment: Obwohl aktuell eher als Sommerwhisky beworben, würde ich einen nussigen Whisky wie den TWO eher zum Herbstbeginn vorziehen. 

 

 

Zusammenfassung:

Kategorie: Single Malt Whisky

Destille: St. Kilian

Region:  Deutschland

Preis: 0-50€ (~42€)

54,2%

Kältefiltration: Nein

mit Farbstoff: Nein

Gelagert in: Amarone Casks 

 

Mehr Informationen:

St. Kilian auf Malte talks Malts  

St. Kilian

Whiskybase

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