Whiskyreview #124: Kingsbarns Dream to Dram & New Make Spirit

Kingsbarns New Make & Dream to Dram

Diesen Sonntag geht es zu einer relativ jungen Brennerei in die Lowlands. Kingsbarns hat zu Beginn des Jahres mit dem Dream to Dram seinen ersten Single Malt Whisky auf den Markt gebracht. Nach St. Kilian in der letzten Woche geht es also auch jetzt wieder an einen eher jungen Tropfen. Als Begleiter habe ich mir dazu den New Make Spirit ausgesucht, den man schon seit einigen Jahren kaufen kann. Den Vergleich von jungem Whisky und dessen Ausgangsprodukt finde ich absolut spannend und so habe ich mich auch sehr auf dieses Tasting gefreut!

Kingsbarns - Neues aus den Lowlands

Die Idee zur Brennerei Kingsbarns kam eigentlich vom ehemaligen Golf Caddie Douglas Clement, der wohl schon um das Jahr 2009 eine Brennerei in den Lowlands eröffnen wollte. Das Problem war jedoch, dass Clement nicht über das nötige Kapital, sondern nur über zahlreiche Visitenkarten von Golfkunden verfügte. Durch diese Kontakte konnte er immerhin £100,000 "einsammeln", was allerdings selbst mit einen £670,000 Kredit der schottischen Regierung nicht für die geschätzten 1,6 Millionen Pfund Baukosten ausreichte. Allerdings fand im Jahr 2013 die Familie Wemyss gefallen an Clements Idee und kaufte kurzentschlossen sein unternehmen und Stelle ihn als Direktor ein.

Nun ging alles ganz schnell und in nur 18 Monaten wurde die Kingsbarns-Brennerei gebaut. Bereits am 1. Dezember 2014 konnte das Visitorcenter eröffnet werden und seitdem werden nur 24 Fässer pro Woche abgefüllt. Kingsbarns kommt damit auf das beschauliche Abfüllvolumen von ungefähr 140,000 Liter Alkohol pro Jahr,welche auf zwei 4500 Liter Stills gebrannt werden. Die Kapazität würde allerdings wohl für 600,000 Liter ausreichen. Die Stärke des New Make beträgt 73,2%, in die Fässer wird allerdings mit den üblichen 63,5% abgefüllt. Mit dem Dream to Dram feiert man nun (seit einer Weile, ich bin spät dran mit der Besprechung) die erste Abfüllung von Single Malt Whisky. Aus einem Traum ist also der erste Dram geworden. 

Ich werde heute die Chance nutzen und sowohl den New Make, wie auch den fertigen Whisky probieren und vergleichen. Den New Make hatte ich übrigens schon in einer meiner ersten Besprechungen. Der Vergleich ist also bestimmt auch spannend.

Kingsbarns New Make Spirit - Verkostungsnotizen

Über den "Whisky": Um einen Whisky handelt es sich hier natürlich nicht. Der New Make Spirit ist vielmehr das Grundprodukt für den späteren Whisky. In die Flasche gefüllt wurde das Destillat mit 63,5%, was auch gleichzeitig die Abfüllstärke für die Fässer darstellt. Gereift wurde das frische Destillat noch nicht, es ist daher auch klar wie Wasser.

Für die Verkostung habe ich möglichst nah an 46% verdünnt, um den Vergleich direkter zu machen!

 

Aroma: Direkt habe ich eine volle Breitseite helles Obst: vor allem leicht angegorener Pfirsich und Nektarine. Dazu ziemlich viel gemälzte Gerste. 

 

Geschmack: Auch hier dominieren unglaublich fruchtige Noten von Pfirsich, Nektarine und vielleicht ein paar hellen Trauben. Alles ist dabei etwas angegoren, man könnte auch ein wenig muffig sagen. Wieder gesellt sich eine Getreidenote hinzu, die mich an das Grundprodukt erinnert. 

 

Abgang: Der Abgang ist sehr kurz, kaum vorhanden eigentlich. Der New Make wärmt gut und hinterlässt keinen negativen Nachgeschmack. Ein wenig Gerstenmalz verbleibt.

 

Abschließende Gedanken: Der New Make Spirit verfügt natürlich nicht über die Komplexität eines Whiskys. Dafür ist er aber auch ungleich fruchtiger, sehr ölig und mild auf der Zunge (mit 46-50%!). Ich muss sagen, dass mir der New Make wirklich gut schmeckt und ich den Vergleich mit anderen Rohdestillaten sehr spannend finde. Kingsbarns verfügt über einen sehr fruchtigen, leichten und milden Spirit. Mal sehen, wie sich das im Whisky niederschlägt.

Kingsbarns Dream to Dram - Verkostungsnotizen

Kingsbarns Dream to Dram

Über den Whisky: Der Dream to Dram reifte in First Fill Ex-Bourbon und sogenannten STR, was für "shaved, toasted & re-charred" steht. Es handelt sich dabei um ehemalige portugiesische Rotweinfässer, welche mit dem STR Verfahren behandelt wurden. Dabei sollen die säuerlichen Noten des Rotweins etwas gemildert, die Reifeintensität aber gleichzeitig gesteigert werden. Das Verhältnis der Fässer ist 90% Ex-Bourbon und 10% STR Casks.

 

Aroma: Der Duft, der aus dem Glas steigt nimmt mich direkt gefangen. Eine tolle, irgendwie "ruhige" Süße kommt mir entgegen. Was meine ich damit? Der Whisky ist nicht nur süß, sondern deutlich mehrdimensionaler, aber zuerst habe ich eine feine Süße. Vanille aus den First Fill Ex-Bourbon Casks ist definitiv dabei, dann kommt der Pfirsich, die reifen Südfrüchte und ein ganz kleines bisschen trockene Süße, vielleicht aus den ehemaligen Weinfässern? Nach etwas Zeit kommt dann auch diese "Whiskynote", die man bei vielen Malts halt: leicht getreidig, Malz und etwas Fass. Ganz ehrlich: Das macht richtig Spaß und mir Lust auf mehr!

 

Geschmack: Das Mundgefühl ist einigermaßen voll, mir fehlt aber etwas Geschmeidigkeit. Im Antritt habe ich wieder Süße: Vanille, etwas Karamell. Dann wird es langsam immer würziger, der Anstieg ist aber sehr angenehm und nimmt mich mit. Ich finde Eiche und im Gefühl ein leichtes Prickeln. Nebenbei geht ein ganzer Blumenkorb auf. Rasen, etwas Heu, dann immer wieder Blumenblüte. Fein, filigran und eben auch etwas jung und ein Tick stürmisch.

 

Abgang: Na gut, der Abgang fällt tendenziell etwas kürzer aus, hier hatten die Fässer einfach noch nicht genügend Zeit um ihren Einfluss einzubringen. Es bleibt ein Hauch von Ingwerschärfe, dann kommt ein wenig holzige Bitterkeit und der Traum ist zu Ende. Zeit für den nächsten Dram?

 

Abschließende Gedanken: Für einen drei Jahre alten Whisky ist der Dream to Dram erstaunlich variabel und abgerundet. Die ehemaligen Bourbonfässer haben mit ihrer Süße ganze Arbeit geleistet, der Brennereicharakter ist aber (zum Glück) noch deutlich erhalten geblieben. Die STR Fässer geben einen kleinen, aber feinen Gegenpunkt. Insgesamt ergibt sich so ein wirklich feiner Tropfen, der nicht nur "Lust auf mehr" macht, sondern schon für sich stehend wirklich toll ist!

 

Malt Moment: Die Arbeit ist getan, es wird langsam dunkel. Zeit für einen Dream oder einen Dram? Hier kann man beides haben!

 

Zusammenfassung:

Kategorie: Scotch Single Malt Whisky

Destille: Kingsbarns

Region:  Lowlands

Preis: 0-50€ (~45€)

46%

Kältefiltration: nein

mit Farbstoff: nein

Gelagert in: First Fill Ex-Bourbon Casks, STR Casks

 

Mehr Informationen:

Kingsbarns auf Malte talks Malts

Kingsbarns 

Whiskybase

New Make & Dream to Dram im Vergleich

Im Vergleich "gewinnt" der Dream to Dram natürlich durch seine größere Komplexität. Aber es ging mir nicht darum festzustellen, was "besser" ist, denn der Vergleich hinkt ja doch etwas. Spannender ist doch die Frage, wie viel vom Brennereicharakter im Dream to Dram zu schmecken ist und da stelle ich fest: Eine ganze Menge! Vor allem im Aroma habe ich noch immer den Pfirsich, die Südfrüchte, allerdings weniger vergoren. Dafür kommen durch die Fässer weitere Aromen hinzu, das Gesamtbild wird runder und ruhiger. Für mich steht fest, dass hier ein toller Whisky produziert wird und auch künftige Abfüllungen wirklich spannend werden können!

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