· 

Whisky Review #123: St. Kilian - One

Heute bespreche ich einen Whisky, der in letzter Zeit für ordentlich Furore gesorgt hat. Der One aus dem Hause St. Kilian ist der erste Single Malt aus der Rüdenauer Brennerei, der auch in einer großen Auflage auf den Markt kommt. Zuvor konnte man mit der Spirit of St. Kilian- Range die Reise zum Single Malt begleiten, doch erst seit Mai diesen Jahres ist das Destillat auch wirklich drei Jahre alt und darf sich damit als Single Malt Whisky bezeichnen. Ich bin gespannt auf einen Tropfen, der viele verschiedene Fässer gesehen hat und bei dem Transparenz anscheinend groß geschrieben wird.

Whisky aus deutschen landen

Disclaimer: Bevor es los geht gibt es einen Disclaimer. St. Kilian hat mir eine Flasche des One inklusive Pressemappe zugeschickt. Da ich mir die Flasche aber schon im Vorfeld gekauft hatte, handelt es sich hierbei nicht wirklich um einen gesponserten Beitrag. Einige der Informationen stammen aus der Pressemappe, ein Einfluss auf meine Verkostungsnotizen und Bewertung wurde natürlich nicht genommen! Die bereitgestellten Pressefotos habe ich bewusst nicht verwendet.

 

Deutscher Whisky ist aktuell in aller Munde. Und das meine ich nicht unbedingt ausschließlich als schlechten Wortwitz! In Deutschland gibt es mittlerweile mehr Brennereien, die Whisky herstellen als in Schottland auch wenn die Produktionsmengen meist deutlich geringer sind. Namen wie Glen Els, The Nine Springs oder eben auch St. Kilian geistern nicht erst seit gestern durch die (online) Welt und mittlerweile hat deutscher Whisky durchaus seine Anhänger gefunden. 

Ich selbst stehe dem einheimischen Single Malt eigentlich recht neutral gegenüber, denn auch hier gibt es zwei grundlegende Kategorien zur Einteilung: "Schmeckt mir" und "Schmeckt mir nicht". Ob ein geschmackvoller Tropfen aus dem Harz oder aus den Highlands kommt ist mir dabei ziemlich egal. Und wenn mir etwas nicht schmeckt, dann kann das ebenso von Islay wie aus Buxtehude kommen.

St. Kilian stellt aber doch eine kleine Besonderheit unter "den Deutschen" dar, habe ich das Gefühl. Denn hier wurde etwas groß aufgezogen, mit dem Gedanken "wenn, dann aber richtig". Zumindest wirkt es so auf mich. Die Brennblasen? Kommen aus Schottland. Das Produktionsvolumen? Nicht zu knapp. Die Außenwirkung? Äußerst durchdacht. Das Gesicht in der Außenwirkung? Einer der bekanntesten deutschen Whisky-YouTuber. Man sieht, hier hat sich im Vorfeld jemand ordentlich Gedanken gemacht. Heute stelle ich euch also diese Brennerei aus Unterfranken vor und verkoste natürlich auch die erste Abfüllung!

St. Kilian - Wenn, dann aber richtig!

Ich habe letztes Wochenende nicht schlecht geschaut, als mein Postbote über den Gartenzaun ein "Herr Schweia, ich habe ein Paket für Sie!" hören ließ und ich wenig später einen ganz schön großen Würfel aus Rüdenau in der Hand hatte. "Schon wieder eine Bestellung vergessen?", dachte ich mir. Nein, denn eine ganze 0,5 Liter Flasche steckte sicher verpackt im Inneren und eine schick aufgemachte Broschüre gleich neben dran. 

Was gibt es nun also über St. Kilian zu erfahren? Nun, ich lasse den Marketingsprech jetzt bewusst weg, denn natürlich ist man sehr stolz auf den ersten Single Malt bei St. Kilian. Natürlich war es eine spannende Reise bis zu diesem Punkt und selbstverständlich "(...) ist [es] ein wahnsinnig gutes Gefühl hier zu stehen". Ich finde es schön, dass die gesamte Pressemappe vor Stolz strotzt und man den Master Destiller Mario Rudolf zitiert, der, ganz bescheiden, sagt: "Eigentlich wollte ich doch nur Bier brauen." Jetzt allerdings ist er Feuer und Flamme für die Brennerei, für dessen Herzstück er verantwortlich ist.  Spannender sind für mich aber vor allem die tatsächlichen Fakten in den Beipackzetteln. St. Kilian verfügt über zwei 6000 Liter Brennblasen, welche bei Forsyths in Handarbeit hergestellt wurden und die eine Lieferzeit von schlappen zwei Jahren hatten. Hier will man also direkt Maßstäbe für deutschen Whisky setzen! Was mir auch gefällt: Das Getreide kommt aus Bamberg von einer Mälzerei mit 140 Jahren Erfahrung auf ihrem Gebiet. Für mich klingt auch das vielversprechend und nach Qualität statt Preiskampf. Besonderes Augenmerk wird in der Brennerei natürlich auch auf das Fassmanagement gelegt. Mittlerweile lagern über 4000 Fässer mit New Make / Whisky in Rüdenau. 90 verschiedene Fasstypen hat man mittlerweile zusammengesammelt, von klassischem Ex-Bourbon- bis zum Kastanienfass wird hier einiges geboten. Gebrannt wird auf dem schottischen Equipment übrigens auf ca. 75% Alkohol.

 

Auf mich macht das alles einen guten Eindruck, ohne, dass ich bisher die Möglichkeit hatte mich vor Ort davon persönlich zu überzeugen. Aber alleine die Wartezeit und die Kosten für Forsyths auf sich zu nehmen zeugt doch schon davon, dass man das Whiskybrennen ernst nimmt bei St. Kilian. 

 

Was die erste Abfüllung One auszeichnet und wie sie schmeckt, dass schauen wir uns jetzt genauer an!

St. Kilian One - Verkostungsnotizen

Über den Whisky: Der One ist der erste St. Kilian, der für die breite Masse zugänglich ist. Im Vorfeld gab es mit dem First Kilian zwar schon eine Single Malt Abfüllung, diese war jedoch auf 760 Flaschen limitiert. Der One hingegen hat eine Auflage von 20.000 Flaschen, es sollte also eine Weile reichen. Was ich wirklich zu schätzen weiß ist, dass auf der Flasche ganz klar und transparent die Fasszusammensetzung genannt wird:

37% Ex-Bourbon, 37% Ex- Martinique Rhum, 18% Ex-PX Sherry, 5% Chestnut und 3% Ex-Bourbon Quarter Casks. Destilliert 2016, abgefüllt 2019 mit 45% Alkohol. Die Fasszusammensetzung klingt für mich auch stimmig: Die Bourbon- und Rumfässer bilden eine weiche und milde Basis, PX gibt ordentliche Süße ab, Kastanie sorgt für einen säuerlichen Gegensatz und die kleinen Quarter Casks reifen vielleicht etwas schneller als ihre größeren Brüder. Im Prinzip sollte hier also nichts schiefgehen. Ich bin wirklich sehr gespannt!

 

Aroma: Das Aroma erinnert mich zunächst gar nicht unbedingt an einen Single Malt. Ich habe eine starke, getreidige Würze, die mir entgegenkommt. In einem Blindtasting würde ich daher vielleicht auf einen Rye tippen? Dann kommt aber auch eine leichte Malzsüße dazu und ich nehme ein wenig Vanille auf. Hinzu kommt tatsächlich schon hier ein leichter Anflug von tropischen Früchten, der stärker wird, je länger ich den Whisky im Glas verweilen lasse. Auch wenn es sich hier um einen Jungspund handelt, er verlangt nach Aufmerksamkeit und Zeit!

 

Geschmack: Das Mundgefühl des One ist zunächst sehr angenehm und leicht ölig. Im Laufe der Zeit baut sich ein wenig mehr Würze und ein leichtes Prickeln auf, insgesamt zeigt sich aber ein erstaunliche rundes Gesamtbild. Geschmacklich habe ich zu Beginn eine leichte Vanillesüße, die aber schnell von aufkommender Würze an die Seite geschoben wird. Ich meine, dass jetzt die Rumfässer durchkommen, denn ich habe sowohl eine getreidige Würze, wie auch diese leichte Melasse- und Rumnote. Zum Abgang hin setzt das erwähnte Prickeln ein, der One wird etwas holzbetonter.

 

Abgang: Der Abgang ist tendenziell eher kurz bis mittellang. Bei mir verbleiben die leicht ins Bittere (nicht zu stark!) kippenden Aromen von Eichenholz, gepaart mit ein paar Kräuteraromen.

 

Abschließende Gedanken: Der One ist ohne Frage ein spannender Whisky. Das ergibt sich durch die Begleitgeschichte ja schon ganz von selbst. Jeder will wissen, was bei St. Kilian nun wirklich als Whisky abgefüllt wird, wie das Selbstverständnis ist und wie die Fassauswahl ablaufen wird und jetzt haben wir endlich Antworten. Herausgekommen ist am Ende für mich ein grundsolider Malt Whisky, der sich von seinen schottischen Brüdern im Geist zwar abhebt, aber nicht so weit davon entfernt ist, dass man nicht mehr von Whisky sprechen kann. Es gibt die getreidigen, malzigen Aromen. Man merkt die gute Fassauswahl und es ist definitiv keiner dieser "Obstler-Whiskys". Mir persönlich ist der One etwas zu sehr auf der "Getreideseite", aber damit habe ich auch bei Brennereien wie BenRiach so meine Probleme. Zusammenfassend würde ich festhalten, dass hier ein guter Aufschlag gelungen ist und ich gespannt abwarte, was als nächstes aus Rüdenau auf den Markt kommt. Das man sein Handwerk versteht, wurde hier definitiv bewiesen!

 

Malt Moment: Der One eignet sich hervorragend für den Einstieg in einen Abend voller Whiskygenuss. Er bietet abwechslungsreiche Aromen, ohne dabei die Zunge für spätere Aufgaben zu überfordern.

 

Weitere Informationen:

Kategorie: Single Malt Whisky

Destille: St. Kilian

Region:  Deutschland

Preis: 0-50€ (38,50€ - 0,5l)

45%

Kältefiltration: nein

mit Farbstoff: nein

Gelagert in: 37% Ex-Bourbon, 37% Ex- Martinique Rhum, 18% Ex-PX Sherry, 5% Chestnut und 3% Ex-Bourbon Quarter Casks

 

Mehr Informationen:

St. Kilian auf Malte talks Malts

St. Kilian

Whiskybase 

Kommentar schreiben

Kommentare: 0