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Whisky Review #35: Highland Park - 21 Jahre "Die Runde Nummer 50 und der eigene Geschmack"

Highland Park 21 Verpackung und Flasche

Liebe Leserinnen und Leser,

 

liebe Whiskyfreunde und Rauchköppe!

Es ist geschafft! Wie schon letzte Woche angekündigt - und für den mathematisch Grundbegabten errechenbar - steht diese Woche meine insgesamt 50. Besprechung an. Insgesamt 35 Mal wurde ein Whisky im Detail besprochen. Mit Zahlen, Daten, Fakten, aber auch mit Geschichten und "Drum-herum". Weitere 15 Besprechungen sind zusätzlich "Quickly Reviewed", mit etwas weniger Aufwand verfasste, aber hoffentlich geschmacklich dennoch fundierte Kurzbesprechungen. Wobei viele andere Whiskyblogs sich wohl mit dem reinen geschmacklichen besprechen zufriedengeben.

Es ist also Zeit zu feiern für mich. Ein wenig Stolz ist schon dabei, wobei eigentlich trifft es der Begriff "Freude" viel besser. Warum? Ich hätte nie gedacht, dass so viele Menschen mitlesen. Im Vergleich zu anderen Blogs oder Internetseiten ist A Dr(e)am of Sea winzig, ja. Aber wenn man mit dem einfachen Anspruch einen Blog anfängt, dass vielleicht 100 Personen im Monat mitlesen, dann freut man sich um so mehr, wenn man sich um den Faktor 10 vertan hat und in einem halben Jahr mehr als 10000 Klicks stattgefunden haben. Mein Dank gilt jedem Einzelnen davon. Die Motivation ist daher noch immer ungebrochen!

Ein kleiner Rückblick

 

So eine runde Zahl möchte ich für zwei Dinge nutzen: 

1. ein kleiner Rückblick ist angebracht und

2. ich möchte meine eigene Geschmackseinschätzung überprüfen.

 

Fangen wir mit 1. an.

Mein Anspruch an A Dr(e)am of Sea ist es, nicht nur reine Geschmackseindrücke rauszuhauen. Nichts gegen Tastingnotes in der "rohesten Form", aber für mich ist Whisky mehr als das. Die Porno-Analogien spare ich mir mal, aber ihr wisst, was ich meine! Viel mehr möchte ich mehr erzählen, und diesem Anspruch versuche ich sonntags gerecht zu werden. Was gab es also in diesem halben Jahr und 35 sonntäglichen Besprechungen zu lesen? Ein paar Themen in der Rückschau:

Schon ganz am Anfang habe ich über einen kurzen Trip nach Schottland berichtet. Im April 2015 war ich bei Auchentoshan zu Besuch, passend dazu gab es den Three Wood.

Aber auch kulinarisch wollte ich euch nicht verhungern lassen, in meiner 8. Besprechung habe ich daher nicht nur eine Überschrift von Ozzy Osbourne geklaut, sondern auch passend gekocht. Zum Mackmyra Abraham gab es einen leckeren Rotwein-Rind-Eintopf.

Zwei Wochen vorher ging es mit einem Talisker 57°North an den Ostsee-Strand, Wind und Wetter konnten mich nicht abschrecken. Bei den Fotos kann man die kalten Finger aber schon fast erahnen.

Mein immer noch am meisten gelesener Artikel ist die #9, neben einem GlenDronach 18 ging ich dort statistisch der Frage nach, ob Alter sich auf die Bewertung von Whisky auswirkt und vor allem, wie stark dieser Zusammenhang ist. Definitiv einer der spannendsten Artikel, der in Besprechung #15 "Does NAS matter?" seine Fortsetzung gefunden hat.

Diesen März gab es vier Wochen lang nur unabhängig abgefüllte Whiskys und im April habe ich mich mal an der Cocktailherstellung versucht. 

Wie ihr seht, einiges an Themen wurde schon abgedeckt und ich hoffe, dass mir in Zukunft noch einiges einfällt (und euch gefällt)!

 

Was bleibt bei mir von diesem Zwischenfazit hängen?

Zum einen fallen mir viele Veränderungen auf: Ich habe angefangen auf englisch zu schreiben, habe es dann eine Zeit lang zweisprachig versucht, und veröffentliche seit einiger Zeit nur noch auf deutsch. Der Aufwand ist einfach zu groß und bremst meinen Schreibfluss zu stark. Auch die Qualität der Beiträge hat sich deutlich gesteigert. Anfangs noch etwas unbeholfen und unpräzise, mittlerweile hoffentlich etwas strukturierter und auch informativer. Auch die Qualität der Fotos ist hoffentlich merklich besser geworden. Es sind halt die kleinen Details.

Zum anderen fällt mir die ungeheure Reise auf, die ich hier schriftlich niedergelegt habe. Es ist für mich persönlich schön, dass ein Tag am Meer oder bei den Wikingern schriftlich festgehalten ist, eine Art Tagebuch um in Erinnerungen zu schwelgen. Aber diese Reise ist auch Whisky-Geschmacklich interessant. Mir gefallen Whiskys, die ich sonst vielleicht gar nicht probiert hätte. Andere sind eher enttäuschend gewesen. Man lernt einfach nie aus! Genau dieser Thematik will ich mich noch einmal mit Zahlen nähern. Ich frage mich, ob meine eigene Geschmacksverortung meinen eigenen Bewertungen standhält. Klingt komisch? Ich versuche es zu erklären!

Kann ich mir selbst trauen? Oder: wie subjektiv ist subjektiv?

 

Für die heutige Besprechung habe ich mir wieder einen kleinen Datensatz erstellt. Alle Whiskys, die ich auf A Dr(e)am of Sea besprochen habe, sind dort aufgenommen. Ich will damit einfach mal nachschauen, wie meine Bewertungen ausfallen. Was ist die durchschnittliche Bewertung, die ich vergebe oder sowas? Zum anderen will ich mich mal selbst prüfen. Hier also die Grundannahme, ich sage:

 

"Mir schmecken Whiskys aus der Speyside oder Highlands, in Fassstärke, mit Sherryfass-Lagerung am besten!"

(Diese Aussage habe ich natürlich VOR der Betrachtung der Ergebnisse geschrieben!!!)

 

So würde ich zumindest meinen persönlichen Whiskygeschmack verorten. Im folgenden wollen wir doch mal überprüfen, welche Faktoren einen Einfluss auf meine Bewertung haben, und welche eher nicht.

 

Die Rahmendaten

 

Was für Daten habe ich also in meiner Datei? Zunächst einmal sind es nicht nur 50, sondern 58 Whiskys. In einigen Besprechungen sind gleich zwei Destillate unter die Räder gekommen, sodass die Zahl der tatsächlich besprochenen Whiskys etwas höher liegt. Davon sind 52 Whiskys aus Schottland und 6 Whiskys aus anderen Ländern. 16 Whiskys hatten eine reine Bourbon-Lagerung, 11 nur Sherry, 8 eine Mischung aus beidem und 20 Whiskys lagen, zumindest eine Zeit, in einem Exotenfass (Port, Calvados, ...). Der jüngste "Whisky" ist 0 Jahre alt, der Kingsbarns New Make, der älteste mit 32 Jahren ein Glenglassaugh. Auch das Mindestalter von 3 Jahren ist durch Wolfburn vertreten. Spitzen im Alter ergeben sich bei 10 Jahren (7 Whiskys) und 18 Jahren (5 Besprechungen). Bei der Alkoholstärke zeigt sich ein ähnliches Bild wie beim Alter. Die Bandbreite geht von 40% (6x) bis zu 63,5% (1x), mit einer deutlichen Ballung bei 46% (19x). Ist auch logisch, 46% ist eine bevorzugte Trinkstärke. Aber immerhin 33% meiner verkosteten Whiskys hatten mehr Power, nur knapp 29% liegen darunter.

Für alle, die noch die Mittelwerte interessieren: 

 

Alter: 12 Jahre

Bewertung: 5,1 Punkte / 7 Punkten

Alkoholstärke: 47,98%

 

Wie gut kenne ich mich?

 

Jetzt zur Beantwortung meiner Frage: Wie gut kann ich mich selbst einschätzen? Und weichen meine Bewertungen im Blog davon ab?

 

Dazu schauen wir zunächst mal die Korrelationen an (siehe Tabelle oben).

Ich habe nur die Korrelationen mit meiner Bewertung aufgeschrieben, die anderen sind eher uninteressant. Was sieht man? Die Alkoholstärke korreliert relativ hoch und sehr signifikant mit meiner Bewertung. Bedeutet? Je höher der Alkoholwert, desto höher die Bewertung (oder anders herum). Allerdings sind alle anderen Werte nicht signifikant und somit schwer zu interpretieren. Alter scheint keinen Einfluss auf meine Bewertung zu haben. Ältere Destillate sind also nicht besser bewertet als junge. Die Region hat einen positiven Einfluss, aber die Interpretation ergibt wenig Sinn, da sich hier die schottischen Whiskyregionen verbergen und diese nicht logisch in eine Reihenfolge zu bringen sind. Die Lagerung hat ein negatives Vorzeichen. Hier ist meine Kodierung wichtig: 1 steht für Bourbon, 2 für Sherry, 3 für eine Mischung aus beiden, 4 für Exoten. Tendenziell sind mir also die klassisch gelagerten Whiskys wohl lieber.

Was kann man daraus festhalten? Mir gefallen hochprozentige Whiskys wohl besser. Sherry- oder Bourbonfässer scheinen auch nicht schlecht zu sein. 

... schauen wir genauer hin

 

Geht das schon wieder los? Ja. Eine genaue Erklärung, wie man diese Regressionstabelle lesen kann, habe ich schon vor einer Weile gegeben, ich will es hier nicht wieder vertiefen.

Einfach gesagt: Der Koeffizient gibt an, wie sich die Bewertung verändert, wenn der entsprechende Eintrag um 1 verändert. Also: Wenn die Alkoholstärke um 1% steigt, dann steigt die Bewertung um 0,08. 

Die Signifikanz gibt unsere Schätzsicherheit an. Ganz grob gesagt. Niedrigere Werte sind besser, eigentlich sollten die Werte unter 0,10 oder besser 0,05 liegen. Das sind hier nur Alkoholstärke und Filtration.

Zum Verständnis noch wichtig: Die Zahlen bei Lagerung und Region beziehen sich jeweils auf die Referenzkategorie. Das ist "Bourbonfass" und "Highlands". Also ein Whisky aus dem Sherryfass ist im Vergleich zu einer reinen Bourbonlagerung um 0,32 Punkte schlechter Bewertet. Ein Islay Malt im Vergleich zu einem Highland Malt um -0,36 Punkte. Und so weiter und so fort.

Leider bekomme ich kaum Signifikante Ergebnisse. Das liegt aber an der geringen Fallzahl und den viel zu vielen Variablen, mit denen ich gerechnet habe. Daher interpretieren wir einfach mal munter und bitten den Statistikgott um Verzeihung.

 

Die Antwort

 

"Speyside. Highlands. Fassstark. Sherryfass." Das war mein Eingangsstatement für meinen persönlichen Geschmack. Was sagen jetzt meine Bewertungen? 

 

Region:

Highland und Speyside bewerte ich anscheinend ähnlich, besser als Islay und die Inseln, aber schlechter als Campbeltown und Lowland Whiskys. Also 50% Trefferquote.

 

Fassstark:

Stimmt. Höhere Alkoholstärke bringt mehr Punkte und das signifikant. Die Zahl ist so gering, weil wir hier vom 1% mehr Alkohol sprechen und unsere Basis bei 40% liegt. Allein 3 Punkte bekommt ein 40% Whisky nur durch die Alkoholstärke nach diesem Rechenmodell. Bei einem 60% Whisky sind es schon 4,8 Punkte. Natürlich darf man es so nicht strikt sehen, aber diese kleine Zahl von 0,08 bildet einen bedeutenden Einfluss.

 

Fassart:

Hier lag ich wohl daneben! Sherryfässer schneiden im Vergleich zu Bourbon schlechter ab (-0.32), auch eine Mischung fällt gegen das reine Bourbonfass ab (-0.65), nur Exoten liegen quasi gleich auf (-0.03). Mir scheinen also, und das recht deutlich, Bourbonfässer am besten zu schmecken. Zumindest bewerte ich so.

 

Für mich war das ein spannendes Selbstüberprüfungsexperiment, das zeigt, dass die eigene Meinung durchaus anders sein kann, als man denkt. Aber insgesamt kennt man sich dann doch ganz gut. Vielleicht wiederhole ich es bei Whisky Review #100. Dann ist die Fallzahl größer.

P.S: Nicht schottische Whiskys sind bei mir auch besser bewertet. Sei verdammt Mackmyra!

Highland Park - 21 Jahre

 

Natürlich sollte es heute etwas Besonderes sein. Highland Park hatte ich dabei noch nicht im Blog, der 21 Jahre alte fällt auch aus der Daily Dram-Ecke heraus. Los geht's!

 

Über den Whisky: Highland Park. Ein Name, der in der Whiskywelt Gewicht hat. Highland Park gehört zu den Marken, die doch relativ viele Personen kennen, auch, wenn sie nicht unbedingt Whisky-begeistert sind. Die Brennerei wurde 1798 gegründet, allerdings erfolgte die Legalisierung erst im Jahr 1826, als sie offiziell ihre Lizenz bekam. Auf die Schwarzbrennervergangenheit ist man bei Highland Park mächtig stolz, der Dark Origins zollt dieser Zeit Tribut. Gelegen auf der Orkney-Insel Mainland, in der Stadt Kirkwall ist Highland Park ein klassischer Insel Malt. Etwas rau, ganz leicht torfig.

In jüngster Zeit kam neben der dubiosen Vergangenheit auch das Thema der NAS-Abfüllungen bei Highland Park auf. Die Anzahl an Abfüllungen ohne Alter übertrifft derer mit Altersangabe leider um Längen. Dazu kommen noch limitierte Abfüllungen, die zwar durch ihre Holzschnitzarbeiten überzeugen konnten, preislich allerdings fragwürdig sind.

Mir gefällt Highland Park vom Stil her eigentlich sehr gut. Der klassische 12er vereint vieles, was ich an Whisky mag und je höher man im Alter kommt, desto besser werden die Whiskys. Von den "Svein", "Harald" oder sonst was lasse ich allerdings die Finger.

Deswegen kommt mir zum Jubiläum eine 21 Jahre alte Originalabfüllung ins Glas, der letzte Rest, den ich noch hatte. Abgefüllt wird diese Variante mit schönen 47,5% Alkohol, gelagert wurde in Bourbon und Sherryfässern. Ein klassischer Highland Park eben. Ich bin gespannt!

 

Nase: Getreide, nicht unbedingt malzig-süß, eher trocken. Dazu leichte Heidelandschaft (ja, sowas kennen wir hier oben im Norden auch). Ein leichter Rauch kommt auch dazu, aber dieser ist ganz dezent, abgebaut nach 21 Jahren Reifezeit. Süße, malzige Kräuterbonbons kommen nach ein, zwei Minuten dazu. Etwas Lavendel? Heidehonig? Vom Alkohol keine Spur, aber insgesamt eine schöne eingebundene Kraft.

... eine Note kann ich schwer zuordnen. Erinnert mich etwas an Brot. Ist das Hefe?

 

Geschmack: Malzbonbon, leichte Säure, die wunderbar ergänzt. Zunächst ist von Rauch nichts zu spüren. Eher süß beginnend, vor allem ein kräftiger Honig (Waldhonig), leicht harzig. Dann kommen Kräuter hinzu, ein bunter Kräuterstrauß. Dann wird es etwas in Richtung trocken, die Fasslagerung kommt durch. Eichenaromen, immer trockener und würziger werdend. Erst jetzt kommt langsam ein leichter Anflug von Rauch auf, der sich im Finish fortsetzt.

 

Finish: Hier kommt dann endlich der Rauch durch. Keine Rauchbombe a la Islay Whisky. Viel mehr ein gesetzter Rauch, der aber erstaunlich kräftig daher kommt. Dazu zeigt sich hier die lange Lagerzeit. Eichig, schwer, mit einer tiefen Bitterkeit. Man kann sich ein dunkles Lagerhaus förmlich vorstellen. Der Abgang ist relativ lang, aber nicht unendlich. Es bleibt ein leichter, voller Rauch. Nicht medizinisch, dazu Zartbitterschokolade bis hin zu Kaffee.

Abschließende Gedanken: Ein schöner, komplexer Malt. Extrem ausgewogen, nichts drängt sich in den Vordergrund, man kann sich ewig Zeit lassen um alle Aromen zu trennen. Und es lässt sich jede Menge finden. Ein wenig Orange, Süße, aber auch Alterseinflüsse mit bitteren Aromen. Hier zeigt Highland Park, was sie mit Zeit und gutem Fass-Management so alles können. Der Unterschied zu einigen günstigen NAS Abfüllungen könnte nicht größer sein - leider auch im Preis. Ob 200€ für einen 21 Jahre alten Whisky in Ordnung sind? Das bleibt wohl eine Frage der eigenen Möglichkeiten. Ich muss sagen: einfach ein toller Single Malt. 

 

Kategorie: Single Malt Scotch Whisky

Destille: Highland Park (Islands / Orkney)

Preis: 101-200€ (~195€)

47,5%

Kältefiltration: Nein

mit Farbstoff: Nein

 

Mehr Informationen:

Highland Park

Whiskybase

 

Abschließende Bewertung: 7/7

 

Jetzt seid ihr dran! Diesen runden Tag möchte ich nutzen um euch zu fragen:

Was kann ich besser machen? Welche Whiskys kommen zu kurz und was soll ich besprechen? Was gefällt euch und was soll ich fortführen? Nutzt doch mal die Kommentarfunktion? Schickt mir eine Mail oder schreibt mir bei Facebook. Feedback ist mir sehr wichtig, leider kommt gar nicht so viel, wie ich es mir wünschen würde! Also ab in den Kommentarbereich!

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